Essen-Borbeck. Die Borbecker Dampfe ist Kult. Doch durch Corona fehlen auch dort Gäste. Wie es weitergeht und warum Wirt Martin Grahl 2G-Plus kritisch sieht.

Die Corona-Pandemie bringt nach vielen Monaten der Einschränkungen auch große Traditionsgaststätten in Essen an ihre Grenzen – so etwa die Dampfe in Borbeck. Aktuell gibt es dort pandemiebedingte Betriebsferien, für das neue Jahr hat Betreiber Martin Grahl klare Forderungen an die Politik und sieht die 2G-Plus-Regel kritisch.

„Ich wünsche mir mehr Planbarkeit“, sagt er. „Wir sind keine Branche, die man von einem Tag auf den anderen ein- und ausschalten kann. Es geht um Existenzen und Arbeitsplätze.“ Dienstpläne, Lieferverträge, Buchungen: All das verlange eine gute Planung, die ihm und allen anderen Gastronomen während der Pandemie oftmals unmöglich gemacht worden sei. Diese Machtlosigkeit mit Blick auf den eigenen Betrieb ist es, die Grahl am schwersten im Magen liegt.

  • Das Borbecker Brauhaus Dampfe gibt es bereits seit 1896.
  • Gebraut wurde damals mit Hilfe einer Dampfmaschine - daher der Name.
  • In den 1980er Jahren wurde das Brauhaus nach alten Plänen renoviert und die Gastronomie zog in die ehemaligen Lagerkeller ein, hinzu kamen Gartenwirtschaft und Bierhalle.
  • 2004 wurden Biergarten und Terrasse erweitert.

Aktuell sind die Gasträume leer, die Zapfhähne trocken und die Lautsprecher stumm. Wo sonst gegessen, getrunken, gefeiert, getanzt, gesungen und gelacht wird, herrscht eine ungewöhnliche Stille, die zu dem Traditionsort nicht passt. Eigentlich sollte er voller Leben sein – dass das so bald wie möglich zurückkehrt, hofft Grahl sowohl für die Gäste als auch die Belegschaft.

Dampfe in Essen-Borbeck macht Betriebsferien

„Ich führe die Dampfe jetzt seit 22 Jahren, wir waren immer ein verlässlicher Arbeitgeber“, sagt er. Die kurzfristigen Änderungen der Regeln erschwerten das aber enorm, machten es manchmal gar unmöglich. Gerade in Zeiten, in denen die Branche ohnehin unter Personalmangel leidet. „Es schmerzt, diese Verlässlichkeit nicht mehr bieten zu können“, sagt Grahl. „Die pandemischen Rahmenbedingungen bringen einen an seine Grenzen.“

Das Sudhaus der Dampfe in Essen Borbeck-bietet noch heutige Einblicke in die traditionelle Braukunst.
Das Sudhaus der Dampfe in Essen Borbeck-bietet noch heutige Einblicke in die traditionelle Braukunst. © FUNKE Foto Services | Socrates Tassos

Auch Grahl erlebt, dass sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beruflich neu orientieren. Dabei gebe er alles, um möglichst alle Arbeitsplätze zu erhalten. Ein Teil der rund 60 Personen starken Belegschaft der Dampfe befindet sich allerdings aktuell in Kurzarbeit. Im Winter hat Grahl sich entschieden, diese Notbremse zu ziehen. „Die gesamte wirtschaftliche Situation gegen Jahresende war katastrophal“, sagt er. Noch im September seien alle im Betrieb guter Hoffnung gewesen, es habe wieder Buchungen gegeben in der Dampfe, die ausgelegt ist für größere Feiern, Veranstaltungen und Konzerte.

Gastronom befürchtet weiteren Gästerückgang bei 2G-Plus-Regel

Doch dann stiegen die Corona-Zahlen wieder, die Regeln wurden verschärft und Buchungen wieder zurückgenommen. „Es gab kein großartiges Weihnachtsgeschäft“, sagt Grahl. Seit dem 20. Dezember macht das Team daher Betriebsferien. Am Donnerstag, 13. Januar, wird die Dampfe wieder öffnen, allerdings nicht mit Volldampf, sondern eher mit halber Kraft. Zwei Ruhetage pro Woche sind geplant. „Wir werden schauen, wohin die Reise 2022 geht“, sagt Grahl.

Das Vorhaben für eine 2G-Plus-Regel in der Gastronomie, wonach nur noch Gäste Zutritt erhalten, die geimpft, genesen und entweder einen aktuellen negativen Test oder eine Booster-Impfung nachweisen können, sieht Grahl wie viele seiner Essener Kolleginnen und Kollegen kritisch. „Das ist als Gastronom die Hölle“, sagte kürzlich etwa der Inhaber des Restaurants „Der Löwe“ am Kopstadtplatz in der Essener Innenstadt, Lars Becker, über eine mögliche 2G-Plus-Regel. Er teilt die Sorge, dass dann noch weniger Gäste kommen werden als bisher.

Auch Grahl sieht das so kommen, denn das Geschäft lebe von einer gewissen Spontaneität. Angesichts der erneuten erschwerten Bedingungen fordert er von der Politik einen Maßnahmenkatalog mit konkreten Hilfe für die gesamte Branche.