Essen. Der Chef der Uniklinik Essen sagt, Prof. Jöckel habe seine Impfkritik als Privatmann geübt. Trotzdem schade das der Stiftung Universitätsmedizin.
Der Ärztliche Direktor der Uniklinik, Prof. Dr. Jochen A. Werner, ist besorgt, dass die Diskussion um den Vorsitzenden der Stiftung Universitätsmedizin, Prof. Dr. Karl-Heinz Jöckel, der Arbeit der Stiftung schaden könne. Jöckel hatte einen Aufruf gegen die Impfpflicht mitverfasst und unterzeichnet. Darin heißt es etwa, es sei wissenschaftlich nicht bewiesen, dass die Corona-Impfung für jeden Bürger „mehr Nutzen als Schaden stiftet“.
„Professor Jöckel hat mir versichert, dass er seine Überlegungen in keiner Weise als Vorstand der Stiftung Universitätsmedizin geäußert hat. Für das Klinikum kann er ohnehin nicht sprechen, da er hier keinerlei Funktion hat. Es ist mehr als bedauerlich, dass seine Aussagen von der Öffentlichkeit mit dem Anliegen der Stiftung Universitätsmedizin vermengt wurden“, erklärte Prof. Werner auf Anfrage.
Die Stiftung Universitätsmedizin nennt als ihren Zweck, „innovative Forschung, Lehre und eine über die Grundversorgung hinausgehende Krankenversorgung an der Universitätsmedizin Essen zu fördern“. Sie finanziert besondere Angebote an der Uniklinik Essen teils mit hohen Summen, im Jahr 2021 waren es insgesamt drei Millionen Euro.
Essens Uniklinikchef spricht von einer „schadhaften öffentlichen Wahrnehmung“
Werner betonte, dass sich für die Stiftung „zahlreiche, hochgradig engagierte Menschen“ einsetzten, die meisten in ihrer Freizeit. Ihnen gebühre größte Anerkennung und Respekt. „Die Stiftung verfolgt mit aller Intensität eine Verbesserung der medizinischen Versorgung. Sie hat die Corona-Forschung relevant unterstützt und dabei geholfen, die Spitzenstellung unserer Universitätsmedizin auch im Gebiet von Covid-19 zu stärken. Dieser Sachverhalt verdeutlicht die Konsequenz einer schadhaften öffentlichen Wahrnehmung zu einer herausragenden Einrichtung, was mit Sicherheit den Interessen von Professor Jöckel entgegensteht.“
Der Stiftungschef hatte in dem Aufruf die Notlage im Gesundheitssystem als „hypothetisch“ bezeichnet und die Bedeutung der Corona-Impfung für die Bekämpfung der Pandemie heruntergespielt. Fachleute ärgerte, dass Jöckel die Risiken einer Impfung übertrieben darstelle – und nicht die erheblich größeren Gefahren einer Corona-Erkrankung in den Blick nehme. Damit hatte sich Jöckel auch klar gegen die Haltung der Uniklinik positioniert.
Arbeit des Stiftungschefs und Ansichten des Privatmannes vermengt
Prof. Werner sieht zwar den möglichen Schaden für die Stiftung, hält offiziell aber an der Argumentation fest, dass man die Arbeit des Stiftungschefs und die Ansichten des Privatmanns Jöckel nicht „vermengen“ solle. Auf die Frage, ob er selbst sich auch als Privatperson kritisch zum Impfen äußern könne, sagt Werner: „Ich könnte mich über ein Thema wie Fischen als Privatperson äußern. Wenn ich über die Corona-Impfung spreche, äußere ich mich unweigerlich auch als Vorstandsvorsitzender der Uniklinik, zumindest wird das so wahrgenommen: Da ich Arzt bin, wären solche Äußerungen nicht von meiner Funktion zu trennen.“ Beim Vorsitzenden der Stiftung Universitätsmedizin liege die Sache aber anders: „Herr Jöckel ist kein Arzt, er ist Mathematiker und Betriebswirt; und er hat auch keine Funktion an der Uniklinik. Er kann also weder als Arzt noch als Angestellter der Klinik sprechen.“
Andere Kritiker halten eine solche Abgrenzung für abwegig. So hatte Essens Gesundheitsdezernent Peter Renzel, ohne Jöckels Namen zu nennen, auf Facebook geschrieben, er habe keinerlei Verständnis für „Funktionsträger“, die den Wert der Corona-Impfungen anzweifelten – ganz gleich, ob sie das „privat oder dienstlich“ täten.