Essen-Schonnebeck. Sprachliche Defizite seien eine der gravierendsten Corona-Folgen, hat eine Essener Kita-Leiterin festgestellt. Ihr Lösungsansatz ist kreativ.
„Amethystia“ heißt die Heldin, die die Kinder der Raupengruppe des VKJ-Familienzentrums Kleine Hexe in Schonnebeck erschaffen haben. In ihrer Kita an der Westbergstraße 8 haben sie ihr eigenes Märchenbuch gestaltet und verfilmt.
Das Schonnebecker Familienzentrum nimmt am Bundesprogramm „Sprach-Kitas – Weil Sprache der Schlüssel zur Welt ist“ teil. Fachkraft Friederike Höyng ergänzt seit 2016 das Team. Die Ausschreibung zum „Deutschen Lesepreis“ haben Höyng und Erzieherin Jasmin Dingethal zum Anlass genommen, ein Märchenbuch selbst zu gestalten.
Kurse zur Sprachförderung in Essen stark nachgefragt
Die sprachlichen Defizite seien eine der gravierendsten Folgen der Pandemie, weiß Familienzentrums-Leiterin Dagmar Flores. „Wir haben einen dreimal so hohen Bedarf an individuellen Förderangeboten wie vor der Pandemie. Die Lockdowns und damit verbundenen Kita-Schließungen haben die Kinder gerade im sprachlichen Bereich sehr zurückgeworfen. Wir bieten ihnen jetzt noch mehr Sprachförderung an“, so Flores.
Das kann auch Turgay Tahtabaş bestätigen. Der Gründer des Zukunft-Bildungswerks in Altenessen hatte nach den Sommerferien erklärt, dass das Kompaktangebot für Vorschulkinder bei seinem Institut extrem nachgefragt gewesen sei. Tahtabas: „Viele Kinder waren selten in Kindergarten und Schule und haben dadurch nur wenig Deutsch gesprochen.“ Das mache sich bemerkbar seitdem die Einrichtungen wieder geöffnet haben. Das Zukunft Bildungswerk bietet Kurse und Hilfen für Schul- und Kita-Kinder und ist als Träger der freien Jugendhilfe anerkannt.
Corona-Digitalisierungszuschuss für Medienkoffer genutzt
Wie vielfältig Sprachförderung sein kann, zeige auch das Märchenbuch, das von den Kindern gemalt wurde und dessen Geschichte sie sich selbst ausgedacht haben, erklärt Birgit Pein, Sprach-Kita-Fachberatung beim VKJ: „Wir haben uns über den Digitalisierungszuschuss in der Corona-Pandemie gefreut.“ Damit konnte für jede der 19 Essener VKJ-Sprach-Kitas ein Tablet mit Headset angeschafft werden sowie ein Medienkoffer, den sich die Fachkräfte ausleihen können. Dieser enthält digitale Lupen, Licht, Mikrofone und Zubehör für die Produktion von Videos oder Stop-Motion-Filmen.
Einen solchen Stop-Motion-Film hat Friederike Höyng mit den Vorschulkindern der Raupengruppe aus dem eigenen Märchenbuch „Prinzessin Amethystia und die Reise der Freundschaft“ gemacht. „Superglitzerfantastisch“ findet die junge Heldin, die der Fantasie der Raupengruppen-Kids entsprungen ist, so ziemlich alles. „Wir haben uns ein Märchenbuch angeschaut und überlegt, was in einer Geschichte vorkommen muss, die wir selbst malen“, beschreibt Jasmin Dingethal. Die Ideen der Kinder: Eine Prinzessin, ein Ritter, ein Einhorn und ein Zuckerstangenwald mit Puddingsträuchern.
Kontakt mit Kinderbuchverlag
„Amethystia hat ein Problem bei ihrer Reise“, erklärt Dingethal. „Sie kann nur schwer auf die Spielideen ihrer Weggefährten eingehen. Ein Problem, dass wir in der Gruppe hatten. So haben wir eines unserer Kinder in den Mittelpunkt gerückt und durch unser eigenes Buch nach einer Lösung gesucht und die am Ende auch gefunden“, freut sie sich.
Also Ende gut, alles gut? „Das hoffen wir, denn für den Lesepreis hat es wohl nicht gereicht, aber wir stehen über Bekannte in Kontakt mit einem Kinderbuchverlag, dem wir das Buch nun übergeben werden“, verrät Dingethal.