Essen. Antony Kapp hat den Lieferservice „Salathelden“ gegründet. Eine Idee, zu der ihn Corona brachte, aber auch ein Schicksalsschlag in der Familie.
Lieferdienste sind die großen Gewinner in der Corona-Pandemie. Investoren pumpen derzeit viel Geld in das Geschäft und machen es für kleine Anbieter ohne große Kapitalgeber umso schwieriger. Antony Kapp hat es dennoch gewagt. Der 41-Jährige eröffnete vor zehn Monaten in Essen-Holsterhausen den Lieferdienst „Salathelden“. Die Konkurrenz ist nicht weit entfernt. Denn mit Pottsalat startet gerade ein anderes Essener Unternehmen mit Geldgebern im Rücken durch.
Kapp ist dennoch überzeugt, dass Essen als Großstadt gut auch mehrere Lieferdienste für frische Salate vertragen kann. Konkurrenz belebt bekanntlich das Geschäft. Die „Salathelden“ setzen dabei besonders auf Kunden, denen nicht nur gesunde Ernährung sondern auch Nachhaltigkeit wichtig ist. Denn sie liefern ihre Salat-Bowls in Mehrwegschüsseln aus und wollen damit Müllberge vermeiden, die die negative Begleiterscheinung des Lieferbooms sind.
„Salathelden“ in Essen: Gründer ist gelernter Koch
Antony Kapp wurde eher aus der Corona-Not heraus Gründer eines Lieferdienstes. Der gelernte Koch hat, wie er sagt, in dieser Zeit viele Höhen und Tiefen durchgemacht. Die Pandemie war eine der schwersten beruflichen wie auch privaten Herausforderungen. Ehefrau Wendy-Rosa Eichholz erinnert sich an einige Momente, „wo wir zu Hause geschrien, gestritten und geweint haben“.
Bis Oktober 2020 hatten die beiden noch einen Catering-Service. Doch weil Aufträge schlagartig mit Ausbruch der Pandemie weggebrochen waren, „mussten wir die Reißleine ziehen“. Dabei hatte sich das Geschäft bis Corona gut entwickelt.
Anfang März, berichtet Kapp, waren Aufträge für fast 1,5 Millionen Euro ausverhandelt und unterschriftsreif. „Das wäre der große Durchbruch gewesen.“ Den 18. März 2020 wird er daher nicht vergessen. Es kam der Lockdown und mit ihm eine Absage nach der nächsten. „Da wollte natürlich niemand mehr Verträge unterschreiben. Die ganze Situation war surreal.“
Jüngster Sohn kommt schwer krank auf die Welt
Zu dieser Zeit hatte die junge Familie auch privat mit großen Sorgen zu kämpfen. Ihr zweiter Sohn war im Januar schwer krank auf die Welt gekommen, lag zwei Monate auf der Intensivstation. Mutter Wendy-Rosa Eichholz war in dieser Zeit viel im Krankenhaus, konnte ihren Mann nur wenig unterstützen.
Das Catering-Geschäft lief auch nach dem ersten Lockdown nur schleppend. In den Unternehmen gab es weiterhin kaum Veranstaltungen, große Familienfeste ebenfalls kaum. „Ich hatte ein paar Aufträge im Sommer. Was ich da verdient habe, dafür hätte ich auch zu Hause bleiben können“, sagt Kapp. Auch seine Barbecue-Boxen mit nachhaltigem Fleisch für Zuhause, die er im Lockdown entwickelt hatte, waren nur mäßig erfolgreich. „Ein solches vergängliches Luxusprodukt“, wie Kapp es bezeichnet, passte offenbar nicht in die Krisenzeit.
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Längst machte sich Antony Kapp wieder Gedanken darüber, was ihm in der Krise Erfolg bringen könnte. „Ich bin keiner, der so schnell aufgibt.“ Sein Lebenslauf zeigt, dass sich der geborene Hesse schon in der Vergangenheit immer wieder neu erfunden hat. Er lernte und arbeitete Jahre in der Spitzengastronomie, kochte als junger Mann auf dem „Traumschiff“, machte im Café del Sol Erfahrungen in der Systemgastronomie, leitete zwei Altenheime und übernahm als Selbstständiger 2012 die Kantine des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (Lanuv) in Essen.
Lieferservice für Salate – Gründer ist gesunde Ernährung wichtig
Dort liefen zwar Schnitzel und Currywurst am besten. Doch auch eine große Salattheke fand ihre Stammkunden. Schon 2015 hatte Kapp deshalb die Idee für einen Salatlieferservice. Der Gedanke kreiste vergangenes Jahr dann wieder häufiger im Kopf herum. Denn die junge Familie wollte privat ihre Ernährung umstellen. Ihr Jüngster leidet an einem seltenen Gendefekt, der kein Sättigungsgefühl auslöst. „Wir müssen deshalb ganz besonders darauf achten, dass unser Sohn künftig eine gesunde Ernährung bekommt“, betont Wendy-Rosa Eichholz.
Ihr Lieferdienst folgt diesem privaten Plan. Alle Dressings und Desserts kommen ohne industriell hergestellten Zucker aus. In den vergangenen zehn Monaten habe er selbst neun Kilo abgenommen, sagt Kapp und räumt ein, dass dazu sicher auch der Stress beigetragen hat.
„Salathelden“: Kalter Sommer bremst das Salatgeschäft
Mit dem Start ihres Geschäfts „Salathelden“, das sie zusammen mit ihrer Freundin Michelle Beckmeier betreiben, sind sie grundsätzlich zufrieden. Dennoch macht es ihnen der schlechte Sommer dieses Jahr nicht leicht. „Ich denke, es würde noch besser laufen, wenn das Wetter besser wäre. Die Leute essen einfach mehr Salate, wenn es heiß ist“, sagt Kapp. Und an den Wochenenden kommt bei vielen dann doch eher ein deftiges Steak auf den Tisch.
Ob der Boom der Lieferdienste nachhaltig sein wird, ist noch nicht ausgemacht. Auch Kapp rechnet damit, dass das Wachstum nach Corona wohl etwas verhaltener wird. Deshalb liebäugelt er auch schon wieder damit, zusätzlich ein Catering zu eröffnen. „Aber in abgespeckter Form.“