Essen. Die Entscheidung einer Essener Grundschule, auf die Karnevalsfeier und obendrein noch auf Kostümierung zu verzichten, polarisiert.

Die fünfte Jahreszeit erlebt in Essen ein tristes Finale: Rosenmontagsumzüge fallen aus, die Sitzungen der Gesellschaften ebenfalls – und auch Essener Schulen sagen ihre beliebten Karnevalsfeiern pandemiebedingt reihenweise ab. Die Aufforderung einer Grundschule im Essener Süden, die Schülerinnen und Schüler mögen obendrein auch noch auf die närrische Kostümierung verzichten, stößt bei so manchen enttäuschten Eltern allerdings auf Kritik. „Ich habe den Eindruck, dass die Schule die Bedürfnisse der Kinder nicht berücksichtigt“, sagt Christina Schumacher, eine Mutter, dieser Zeitung.

E-Mail an die Eltern: „Die Kinder kommen bitte unkostümiert“

Das „Kostümierungsverbot“ erreichte die Eltern und Erziehungsberechtigten am Montag (14. Februar) per E-Mail. „Aufgrund der weiterhin hohen Infektionszahlen“, heißt es darin, habe die Lehrerkonferenz entschieden, dass die traditionelle Karnevalsfeier am Donnerstag (24. Februar) bedauerlicherweise entfallen müsse. Weiter heißt es: „Es findet regulärer Unterricht nach Plan statt. Die Kinder kommen bitte unkostümiert.“

Am Tag darauf stehen für die Kinder im Unterricht karnevalistische Basteleien auf dem Stundenplan. „Auch an diesem Tag kommen die Kinder bitte ohne Kostüm“, fügt die Rektorin hinzu.

Die Pandemie stellt insbesondere die Schulen im Land seit bald zwei Jahren vor bislang ungekannte Herausforderungen. Was heute richtig ist, ist morgen oft schon wieder falsch. Es ist wie in der großen Politik: Die einen wollen Lockerungen, andere beharren auf Verboten.

Entscheidungen von höherer oder gar höchster Stelle gibt es in der Kostümierungsfrage allerdings nicht. Jede Essener Schule entscheidet selbst, ob sie Karnevalsfeiern absagt oder gar ein Kostümierungsverbot ausspricht. Zur Kostümierungsfrage sagt Andrea Schattberg, Leiterin des Fachbereichs Schule der Stadt Essen, und damit zuständig für 148 Schulen: „Es gibt keine Anweisung – weder vom Schulträger, noch von der Schulaufsicht.“ Ob Schülerinnen und Schüler die Schule mit roter Pappnase, Piratenkostüm oder Cowboy-Outfit betreten dürfen, sei die Einzelfallentscheidung einer jeden Schule.

„Die wiederholte Bitte der Schulleiterin erscheint mir unverhältnismäßig“

Nun passiert an Essener Schulen kurz vor Karneval wohl alles Mögliche: also Karnevalsfeiern inklusive Kostümierung bis hin zu gar nichts von beiden.

Christina Schumacher, die Mutter, begrüßt vor dem Hintergrund des nach wie vor dynamischen Infektionsgeschehens ausdrücklich die Absage großer Karnevalsfeiern in Innenräumen. „Aber die wiederholte Bitte der Schulleiterin, die Kinder sollten unkostümiert zur Schule kommen, erscheint mir unverhältnismäßig“, sagt sie - und fügt hinzu: „Kulturelle Brauchtümer, die im Grundschulalter für die Persönlichkeitsentwicklung der Kinder wichtig sind, sollten auch in unserer momentanen Situation gepflegt werden.“

Rektorin betont: „Die Entscheidung ist uns schwergefallen“

Die Schulleiterin begründet die umstrittene Entscheidung in ihrer E-Mail mit der Tatsache, „dass wir in den vergangenen Wochen teils bis zu 100 Kinder am Tag nach positiven Pooltests einzeln nachtesten mussten. Auch mehren sich die positiven Corona-Fälle in Familien mit Auswirkungen auf unseren Schulbetrieb.“

Auch auf Anfrage dieser Zeitung rechtfertig sie das „Kostümierungsnein“ und betont, dass Schulleitung und Lehrerkonferenz diese Entscheidung schwergefallen sei. „Wir waren unsicher und haben deshalb auch bei der Bezirksregierung in Düsseldorf angefragt.“ Die Rektorin weist außerdem darauf hin, dass die Grundschule in den Jahren vor der Pandemie in Sachen Karneval sehr engagiert gewesen sei und tolle Veranstaltungen auf die Beine gestellt habe.

Am Dienstag nach schulfreiem Rosenmontag „light“ und sehr leisem Helau findet in der Schule wieder Unterricht nach Plan statt. Die Rektorin sagt: „Wir sind alle bestrebt, dass unser Alltag wieder normal wird.“