Essen. Mit Wort und Tat Geflüchteten des Ukraine-Kriegs beizustehen, hat sich die Stadt auf die Fahnen geschrieben. Vier Wände sollen der Anfang sein.

Fast fünf Wochen dauert nun schon der Krieg in der Ukraine, doch der Essener Einsatz für das gar nicht so ferne Land im Osten Europas, er scheint ungebrochen: Alle wollen sie helfen, mit Wort und Tat – und im Zweifel geht beides auch Hand in Hand. So wie an diesem Mittwoch.

Dann tagt der Rat der Stadt und verabschiedet eine jener Resolutionen, mit denen man zuletzt eher sparsam hantierte, die in diesem Fall aber das richtige Mittel der Wahl scheint: „Gegen den russischen Angriffskrieg in der Ukraine, für die Verteidigung von Freiheit, Frieden und Demokratie“ ist sie gedacht, aber eben auch: „für den Fortbestand der Städtepartnerschaft mit Nishni Nowgorod“.

Von 3770 ukrainischen Flüchtlingen ist jeder dritte unter 18 Jahren

Ein bisschen Weltpolitik unter Tagesordnungspunkt 6, bei denen es aber niemand belassen will, und das zeigt sich gleich im Anschluss unter 6a: Hier soll und hier wird wohl die Politik ihren Segen für eine Unterbringungs-Offensive zugunsten ukrainischer Flüchtlinge geben. Es geht um nicht weniger als eine Million Euro für kleinere Investitionen in Notunterkünften, eigentlich aber um viel mehr als das. Um die Erlaubnis nämlich, deutlich freier als bisher im Sinne der Flüchtlingshilfe aktiv werden zu können: weg von den starren Zuständigkeiten und Genehmigungsverfahren, die schnelle Hilfe im Zweifel nur ausbremsen.

Hier werden die Wohnungen vermittelt

Die Koordinierungsstelle „Wohnungen für Flüchtlinge“ ist Teil des Amtes für Soziales und Wohnen an der Steubenstraße 53.Termine dort können telefonisch unter 0201 88-55555 vereinbart werden, und zwar montags bis freitags von 8:30 bis 15 Uhr, oder per E-Mail an wohnraum-fuer-fluechtlinge@essen.de . Wenn ukrainische Geflüchtete persönlich vorsprechen, sind Dolmetscher bereits vor Ort. Weitere Informationen zu Hilfsangeboten der Stadt Essen für Menschen aus der Ukraine finden Sie unter www.essen.de/ukraine.

Denn diese schnelle Hilfe scheint geboten: Bis zum Dienstag waren in der Stadt 3770 Geflüchtete aus der Ukraine erfasst, darunter 1394 Kinder und Jugendliche – ein Anteil von gut einem Drittel. Von ihnen kamen bislang 2596 bei Freunden oder Verwandten unter, 515 sind in städtischen Heimen untergebracht, 477 in Unterkünften des Landes NRW und 182 kurzzeitig auch in Hotels. Schon fürchtet die FDP, dass die Stadt im Zuge der Flüchtlingswelle auch dazu übergehen könnte, städtischen Turnhallen zu belegen und wirbt deshalb für eine klare Absage an derlei Pläne durch das Stadtparlament.

Einzelne Räume in Privatwohnungen werden ausdrücklich nicht vermittelt

Dass eine notdürftige Unterbringung auch im privaten Umfeld kein Dauerzustand sein kann, ist allen Beteiligten klar, deshalb hat die Stadt jetzt eine eigene Arbeitsgruppe ins Leben gerufen, die sich seit Montag um Wohnangebote für die Ankömmlinge kümmert. Dort werden in einer Art Börse jene Dienstleistungen gebündelt, die sonst von verschiedenen Abteilungen und Fachbereichen der Stadt durchgeführt werden – sowohl für die Geflüchteten selbst, als auch für jene Essener, die eine Wohnung anbieten möchten.

Erste Anlaufstelle für die ukrainischen Flüchtlinge: das Amt für Soziales und Wohnen an der Steubenstraße. Hier ist auch die Wohnungsbörse untergebracht.
Erste Anlaufstelle für die ukrainischen Flüchtlinge: das Amt für Soziales und Wohnen an der Steubenstraße. Hier ist auch die Wohnungsbörse untergebracht. © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

So werden in einem „Matching“-Verfahren der Bedarf und die eingegangenen Angebote geprüft und zusammengeführt. Berücksichtigen will man deshalb nur vollständig zur Verfügung stehende Wohnungen, einzelne Räume in Privatwohnungen bleiben ausdrücklich außen vor. Das Amt für Soziales und Wohnen zahlt die Kosten der Unterkunft dann bis zu den sogenannten Mietobergrenzen.

Am Anfang steht die Bürokratie – und der Weg zum Bürgeramt in Borbeck

Um eine Wohnung anmieten zu können, müssen ukrainische Flüchtlinge zunächst ihre Aufenthaltserlaubnis (bzw. Fiktionsbescheinigung) erhalten. Die gibt es im Bürgeramt Borbeck, das bis auf weiteres zur zentralen Koordinierungsstelle für melde- und ausländerrechtliche Angelegenheiten dient. 891 Anträge sind dort bereits eingegangen, 843 Bescheinigungen schon erteilt.

Die neue Koordinierungsstelle „Wohnungen für Flüchtlinge“ unterstützt dann bei der Wohnungssuche und vermittelt passenden Wohnraum. Wer Kontakt aufnehmen will, sollte dies am besten eine E-Mail an wohnraum-fuer-fluechtlinge@essen.de schreiben. Wer bereits an die allgemeine E-Mail-Adresse ukrainehilfe@essen.de geschrieben hat, muss nichts weiter tun – die Mail mit dem Wohnungsangebot wird automatisch an die Wohnungsbörse weitergeleitet. Dabei bittet die Stadt um ein wenig Geduld: E-Mails könnten, so heißt es, „leider nicht unverzüglich beantwortet werden“, jedes Angebot werde allerdings gesichtet und im Anschluss überprüft.

Vor dem Mietvertrag braucht es eine Zusage zur Übernahme der Mietkosten

Sollte bereits ein Wohnungsangebot vorliegen, brauchen Geflüchtete vor Unterzeichnung eines Mietvertrages auf jeden Fall eine Zusicherung für die Übernahme der Mietkosten durch das Amt für Soziales und Wohnen. Die Koordinierungsstelle stellt diese auf Antrag aus, vorbeikommen muss deshalb aber niemand: Die Unterlagen können auch per E-Mail an die obige Adresse versandt werden. Notwendig ist allerdings der Nachweis über die Aufenthaltserlaubnis (Fiktionsbescheinigung) sowie eine ausgefüllte Bescheinigung für Vermieter. Die Zusage zur Übernahme der Mietkosten kommt dann per Post, und der Mietvertrag kann unterzeichnet werden.

Sollte für die Wohnung ein Wohnberechtigungsschein (WBS) notwendig sein, muss dieser bei der Fachabteilung Service und Wohnungsangelegenheiten des Einwohneramtes im Gildehof beantragt werden. Die Antragsunterlagen können per Post übersandt werden, wer persönlich vorbeikommen möchte, braucht einen Termin – telefonisch unter 0201 88-33111 erhältlich. Sollten die Antragssteller nur Ukrainisch oder Russisch sprechen, wird empfohlen, einen Dolmetscher mitzubringen. In englischer Sprache kann der Termin aber auch ohne Dolmetscher erfolgen.

Zur Terminabsprache kann die Servicenummer genutzt werden. Neben der Fiktionsbescheinigung muss die Zusicherung für die Mietkostenübernahme vorgelegt werden.

Nach der Mietzusage gibt es auf Antrag auch weitere Hilfen

Wer einen unterzeichneten Mietvertrag hat, kann sich anschließend über weitere Hilfen beraten lassen: etwa, wenn es um eine Erstausstattung für Möbel geht, um eine mögliche Kautionsübernahme oder die Kosten für eine notwendige Renovierung. Dafür muss ein Termin bei der Koordinierungsstelle vereinbart werden, telefonisch oder per E-Mail. Wenn keine weitere finanzielle Unterstützung notwendig ist, reicht es, eine Kopie des unterzeichneten Mietvertrags per E-Mail an die Koordinierungsstelle zu senden. Bei allen guten Taten – ohne viele Worte geht’s eben auch nicht.