Essen..

Für die meisten Menschen ist es sehr schwierig, sich mit dem eigenen Tod auseinanderzusetzen und den Satz zu unterschreiben: „Ja, ich gestatte, dass nach der ärztlichen Feststellung meines Todes meinem Körper Organe und Gewebe entnommen werden.“

Gernot Kaiser, der Transplantationsbeauftragte des Uniklinikums Essen, hält diese allzu menschliche Hürde für den Hauptgrund, warum nur knapp zehn Prozent aller Deutschen eine Organspende nach dem Tod strikt ablehnen, aber von den anderen 90 Prozent nur ein geringer Teil tatsächlich einen Organspende-Ausweis ausgefüllt hat.

Mangel an Organen

In Deutschland herrscht deshalb ein Mangel an Organen, um Todkranken zu helfen: 12.000 Patienten warteten 2009 auf ein neues Organ, nur 3900 Organe standen zur Verfügung. International liegt Deutschland mit 15 Organen pro einer Million Einwohner im unteren Drittel - das ist weniger als halb soviel wie im katholisch geprägten Spanien mit einer Organspenderate von 34. Jährlich sterben in Deutschland 1000 Patienten, weil nicht rechtzeitig ein Spenderorgan vorhanden ist.

Debatte über Organspenden

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Wer einen Personal- oder Führerschein beantragt, soll im Regelfall gefragt werden, ob er als Organspender bereitsteht. Das hat Unions-Fraktionschef Volker Kauder angeregt. Mit der Regelanfrage und der Dokumentation im Ausweis will er erreichen, ...
Wer einen Personal- oder Führerschein beantragt, soll im Regelfall gefragt werden, ob er als Organspender bereitsteht. Das hat Unions-Fraktionschef Volker Kauder angeregt. Mit der Regelanfrage und der Dokumentation im Ausweis will er erreichen, ... © AP | AP
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... dass sich "die Menschen Gedanken über das Thema machen müssen", sagte Kauder der WAZ-Mediengruppe. Schließlich gebe es viele Menschen, ... © WAZ | WAZ
... die dringend auf eine Spende angewiesen sind und auf Hilfe warten. Dennoch bekommt Kauder aus der eigenen Partei Gegenwind. Etwa von...
... die dringend auf eine Spende angewiesen sind und auf Hilfe warten. Dennoch bekommt Kauder aus der eigenen Partei Gegenwind. Etwa von... © Techniker Krankenkasse | Techniker Krankenkasse
... Dr. Günter Krings, der als CDU-Fraktionsvize mit rechtspolitischen Fragen betraut ist. Er sagt: „Es kann nicht sein, dass jeder grundsätzlich erstmal ein Ersatzteillager ist.“
... Dr. Günter Krings, der als CDU-Fraktionsvize mit rechtspolitischen Fragen betraut ist. Er sagt: „Es kann nicht sein, dass jeder grundsätzlich erstmal ein Ersatzteillager ist.“ © Fremdbild | Fremdbild
Der gesundheitspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag, Jens Spahn (CDU), hingegen begrüßt den Vorschlag von Volker Kauder. „Wir versuchen, möglichst praktische Ansätze zu finden, um die Zahl der potenziellen Organspender zu erhöhen
Der gesundheitspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag, Jens Spahn (CDU), hingegen begrüßt den Vorschlag von Volker Kauder. „Wir versuchen, möglichst praktische Ansätze zu finden, um die Zahl der potenziellen Organspender zu erhöhen" erklärt Spahn. Er selbst... © ddp | ddp
... besitze zwar einen Ausweis, habe ihn aber noch nicht ausgefüllt. „Die Frage beschäftigt mich schon seit einiger Zeit“, so Spahn. Allerdings habe ihn erst sein politisches Engagement im Gesundheitsbereich auf die Wichtigkeit des Themas aufmerksam gemacht.
... besitze zwar einen Ausweis, habe ihn aber noch nicht ausgefüllt. „Die Frage beschäftigt mich schon seit einiger Zeit“, so Spahn. Allerdings habe ihn erst sein politisches Engagement im Gesundheitsbereich auf die Wichtigkeit des Themas aufmerksam gemacht. © ddp | ddp
„Ich bin gegen eine Widerspruchslösung. Denn sie würde bedeuten, dass Menschen ungefragt zu Organspendern würden
„Ich bin gegen eine Widerspruchslösung. Denn sie würde bedeuten, dass Menschen ungefragt zu Organspendern würden", sagt NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne). "Das darf nicht passieren, es muss das Selbstbestimmungsrecht jedes Einzelnen bleiben." Das sieht auch... © WAZ FotoPool | WAZ FotoPool
... Steffens Vorgänger, der ehemalige Arbeits- und Gesundheitsminister von Nordrhein-Westfalen, Karl-Josef Laumann (CDU, r.), so. „Grundsätzlich gilt: Jeder hat das Recht, über seinen Körper selbst zu bestimmen
... Steffens Vorgänger, der ehemalige Arbeits- und Gesundheitsminister von Nordrhein-Westfalen, Karl-Josef Laumann (CDU, r.), so. „Grundsätzlich gilt: Jeder hat das Recht, über seinen Körper selbst zu bestimmen", sagt er. Er sieht dieses Recht aber nicht eingeschränkt. Denn: ... © ddp | ddp
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... "Dieses Recht würde auch durch eine Widerspruchsregelung, wie es sie in Österreich gibt, nicht in Frage gestellt. Es wäre sogar sinnvoll, Organspenden zuzulassen, wenn der Spender dem nicht zu Lebzeiten ausdrücklich widersprochen hat", sagt Laumann. Auf ein anderes Problem... © sergej lepke | sergej lepke
... weist der NRW-Landesvors. des Marburger Bundes, Rudolf Henke, hin.
... weist der NRW-Landesvors. des Marburger Bundes, Rudolf Henke, hin. "Wir können davon ausgehen, dass nur 40 Prozent aller Patienten mit Hirntod als mögliche Spender gemeldet werden. Was nützt ein Organspende-Ausweis, wenn der Patient gar nicht als Spender wahrgenommen wird?" © Rudolf Henke | Rudolf Henke
Der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Stefan Romberg, sagt: „Wir müssen die Menschen besser über das Thema aufklären. Diese Aufklärung könnte schon in der Schule beginnen. Eine Widerspruchslösung wäre am einfachsten.
Der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Stefan Romberg, sagt: „Wir müssen die Menschen besser über das Thema aufklären. Diese Aufklärung könnte schon in der Schule beginnen. Eine Widerspruchslösung wäre am einfachsten." Eine gemeinsame Initiative, ... © WR | WR
... unabhängig von der Fraktionszugehörigkeit, wünscht sich Carola Reimann (SPD). Die Vorsitzende des Gesundheitsausschusses will ebenso erreichen, dass sich mehr Menschen mit dem Thema beschäftigen. „Jeder sollte gefragt werden, muss aber auch Nein sagen können.“ Allerdings halte sie es für keine gute Idee, ...
... unabhängig von der Fraktionszugehörigkeit, wünscht sich Carola Reimann (SPD). Die Vorsitzende des Gesundheitsausschusses will ebenso erreichen, dass sich mehr Menschen mit dem Thema beschäftigen. „Jeder sollte gefragt werden, muss aber auch Nein sagen können.“ Allerdings halte sie es für keine gute Idee, ... © Unbekannt | Unbekannt
... solch eine sensible medizinische Information in einen Führerschein zu drucken. Reimann drängt auf eine zügige Lösung: „Bisher ist es so, dass meist die Angehörigen am Krankenbett über eine Organentnahme entscheiden müssen. Damit sind viele überfordert.“
... solch eine sensible medizinische Information in einen Führerschein zu drucken. Reimann drängt auf eine zügige Lösung: „Bisher ist es so, dass meist die Angehörigen am Krankenbett über eine Organentnahme entscheiden müssen. Damit sind viele überfordert.“ © ddp | ddp
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Das Uniklinikum, mit 156 Leber- und 131 Nierentransplantationen an Deutschlands Spitze, versucht einen neuen Weg, um für mehr Akzeptanz und Bereitschaft zur Organspende zu werben: Es geht in die Unternehmen.

Die Sparkasse Essen diente als Versuchslabor: Mit Informationen zur Organspende erhielten die 1480 Beschäftigten einen Fragebogen zum Gesundheitsbewusstsein und zur Bereitschaft, einen Organspendeausweis auszufüllen, knapp 1000 sendeten die Bögen zurück - eine erstaunlich hohe Quote von 66 Prozent.

Nach der Transplantation wird der Tote zugenäht wie ein Patient

In einer Veranstaltung beantworteten Klinik-Fachleute danach auch heikle Fragen zum Hirntod, zum Aussehen der Toten nach der Organentnahme, zu religiösen Fragen und zur medizinischen Behandlung: Erhält auch jeder Organspende-Ausweisträger noch die bestmögliche medizinische Versorgung?

„Natürlich machen wir bei Patienten alles medizinisch Mögliche - bis zum Hirntod. Den Tod müssen zwei verschiedene Ärzte feststellen. Und es gibt eine strikte Trennung zwischen dem behandelnden Arzt und dem Arzt, der nach dem Tod transplantiert“, sagt Matthias Heuer, stellv. Transplantationsbeauftragter der Klinik. Werden Organe transplantiert, werde der Tote genauso ärztlich korrekt zugenäht wie ein Patient. „Da ist nichts eingefallen, da ist nichts entstellt.“

Sparkassen-Personalchef Ferdinand Siepe meint: „Die klaren Antworten haben vielen Beschäftigten ihre Ängste genommen.“ Und das haben Siepe und die Sparkassen-Gesundheitsbeauftragte Petra Strauch noch Wochen nach der Umfrage und Aufklärungsveranstaltung gespürt: „Bis heute fragen viele Kollegen bei uns nach Organspendeausweisen – auch für ihre Familienangehörigen und Freunde.“ Das Engagement der Sparkassen-Angestellten sei auch deshalb so hoch, weil man zuvor mit Gesundheitstagen, Blutspende-Aktionen und Knochenmark-Typisierungen die Belegschaft für diese Fragen sensibilisiert habe.

Man kann genau festlegen, welche Organen entnommen werden

So ermittelte die Umfrage, dass schon 21,3 Prozent der Sparkassenleute vor der Werbeaktion der Uniklinik einen Spendeausweis bei sich trugen. Bundesweit sind es nur 17 Prozent. Durch die Umfrage gaben weitere 23 Prozent an, sich einen Ausweis zulegen zu wollen. Im Ausweis kann man im Übrigen definieren, ob man alle geeigneten Organe nach dem Tod spenden will - oder nur die Leber, die Nieren, das Herz oder die Lunge. Oder eben das Herz auf keinen Fall.

Das Klinikum sucht nun weitere Unternehmen in der Stadt, die eine ähnliche Aktion durchführen wollen. Als nächstes nehmen sich die Transplantationsbeauftragten Kaiser und Heuer aber die Studenten der Universität in Duisburg und Essen vor.