Essen.. Im Skandal um möglicherweise tausende fehlerhafte Diagnosen bei Brustkrebs-Vorsorgeuntersuchungen hat der unter Beschuss stehende Essener Radiologe Karlgeorg Krüger jetzt einen PR-Profi eingeschaltet. Keinen geringeren als Ex-VW-Sprecher Klaus Kocks. Der legt gleich richtig los.
Irgendwer muss ihm gesagt haben, dass es nicht reicht, weiter nur nett zu sein. Nicht, wenn man schon als „Pfusch-Arzt“ durch den Boulevard geistert und als warnendes Beispiel für die mangelnde Kontrollpraxis der bundesdeutschen Ärzteschaft. Also spart sich Dr. Karlgeorg Krüger, der unfreiwillig wohl mittlerweile bekannteste Radiologe der Republik, vorerst seine verzweifelten Versuche, die eigene Arbeit in der Brustkrebsvorsorge zu verteidigen.
Und lässt einen Kommunikationsprofi ran: Klaus Kocks, Professor und Publizist, einst Sprecher bei Aral und Ruhrgas, VW-Vorstand und PR-Berater, gern gebuchter Talkshowgast und nun – Pressefrontmann eines Radiologen und Ratsherrn, der versucht, von seinem Ruf zu retten, was da noch zu retten ist.
Radiologe und Ratsherr lässt jetzt PR-Profis sprechen
Und Kocks lässt Krüger nur diesen einen Satz noch sagen: „Aus Respekt vor meinen Patientinnen und denen meiner Kollegen versage ich mir, vor der Wahl auf dem Rücken der Betroffenen Politik zu machen.“ Den Rest übernimmt Kocks, dessen Cato Sozietät für Kommunikationsberatung erst einmal eine Hotline für Medienanfragen geschaltet hat.
Eine erste Einschätzung allerdings liefert der Fachmann der strategischen Kommunikation gleich frei Haus: „Bei dem vermeintlichen Skandal handelt es sich um die unheilvolle Kombination dreier Dunstkreise, nämlich eines fundamentalen medizinischen Glaubenskrieges (Früherkennung ja oder nein?), des Verdrängungswettbewerbs eines Essener Krankenhauses gegen die anderen sechs (um lukrative Geschäfte in einem offensichtlich überbesetzten Angebotsmarkt) sowie um schmutzige Wäsche aus einem Streit, den Dr. Krüger mit einem alten Partner und jetzigem Wettbewerber auszufechten hat.“
"Rufmordversuche auf Kosten der Patientinnen"
In dieser Lage würden ihm, Krüger, beispielsweise gerüchteweise Fehldiagnosen zu Patientinnen untergeschoben, die er gar nicht selbst behandelt habe. Und Kocks traut sich dann als Sprecher zu formulieren, was Krüger so wohl kaum über die Lippen käme: Dass es sich da um „Rufmordversuche auf Kosten der Patientinnen“ handelt.
Wenn dabei, so Kocks, „die Reputation eines guten Arztes vernichtet wird, mag das seine Wettbewerber freuen. Es werden aber gleichzeitig Frauen möglicherweise davon abgehalten, zur Früherkennung zu gehen. Am Schluss dieser Sorglosigkeit steht dann unter Umständen ein tragisches Ende.“ Auf gar keinen Fall sei dies ein Wahlkampfthema – und die Art und Weise, wie einzelne Lokalpolitiker – gemeint sein dürften vor allem die Grünen – mit der Sorge der Frauen auf Stimmenfang gingen, sei „beschämend.“
Krüger, der auf Platz 2 der Reserveliste fürs Essener Bürger Bündnis zum Stadtrat kandidiert, verspricht, er werde sich nach der Kommunalwahl „als Arzt in geeigneter Weise allen medizinischen Fragen stellen“.
Ein weiterer Chefarzt stützt Krüger
Das übernehmen derweil Berufskollegen. Und zu jenen vier Essener Chefärzten, die Dr. Krüger in einem Brief den Rücken stärkten („Jederzeit hohe Qualität“), gesellte sich gestern noch ein fünfter: Auf NRZ-Anfrage bestätigte Professor Dr. med. Stephan Böhmer, Chefarzt der Frauenklinik am Evangelischen Krankenhaus Oberhausen (EKO), dass er in der Arbeit Krügers und seines Diagnosezentrums Diavero nach dem Rauswurf des ehemaligen Radiologen-Kollegen dort „keine Verschlechterung der Qualität erkennen“ konnte.
Im Gegenteil: „Im Vergleich zu anderen Zentren“, so Professor Böhmer, „habe ich den Eindruck, dass es in Essen besser läuft als auf dem Land“. Er sei der Überzeugung, Krüger sei Opfer einer „Intrige“.