Essen/Mülheim. Ein weiterer Beamter ist in das Visier der Ermittler geraten. Er soll ein strafrechtlich relevantes Bild in einer WhatsApp-Gruppe gepostet haben.

Im Skandal um rechtsextremistische Umtriebe in den Reihen der Essener Polizei ist der Kreis der Beschuldigten größer geworden: Über einen Monat nach Bekanntwerden der mutmaßlichen Nazi-Chats auf Handys von Beamten der Behörde für Essen und Mülheim hat die zuständige Staatsanwaltschaft Duisburg einen weiteren Polizisten ins Visier genommen. Damit wird nun gegen mittlerweile 15 der insgesamt 30 im September suspendierten Beamten wegen des Verdachts der Volksverhetzung und anderer möglicher Vergehen nicht nur dienst-, sondern auch strafrechtlich ermittelt, berichtete Staatsanwältin Jennifer König am Montag auf Anfrage dieser Zeitung.

Der Polizist soll mit seinem Smartphone ein strafrechtlich relevantes Bild in einer Messenger-Gruppe verschickt haben. Er stehe deshalb wie 14 seiner Kollegen zuvor schon nun ebenfalls unter dem Verdacht des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, so König. Zu dem Inhalt des Posts wollte die Sprecherin der Duisburger Behörde allerdings keine näheren Angaben machen.

„Wir arbeiten mit Hochdruck an der Auswertung“

Damit ermittelt die Staatsanwaltschaft inzwischen gegen die Hälfte der suspendierten Beamten vorrangig einer Mülheimer Dienstgruppe wegen mutmaßlicher strafrechtlicher Verstöße. Unabhängig davon laufen bekanntlich die disziplinarrechtlichen Untersuchungen, in deren Zuge sich der Anfangsverdacht gegen den mittlerweile fünfzehnten der beschuldigten Polizisten jüngst ergeben hat, sagte König.

Wie viele der mutmaßlichen Straftaten möglicherweise verjährt sind und wie lange die Ermittlungen dauern werden, konnte die Staatsanwältin noch nicht sagen: „Wir arbeiten mit Hochdruck an der Auswertung.“ Nicht auszuschließen ist, dass sich daraus weitere Verdachtsfälle ergeben könnten.

Im Rahmen der Durchsuchungen am 16. September waren neben Schlagringen, Pfeffersprays, Munition, einem Gewehr und Drogen insgesamt 43 Mobiltelefone, 20 Laptops und neun Tablets sichergestellt worden, deren Daten analysiert und bewertet werden müssen.

Staatsanwaltschaft erwirkte elf Durchsuchungsbeschlüsse

Die Ermittlungen der Behörden hatten sich zunächst gegen insgesamt 13 männliche Polizeibeamte gerichtet. Gegen elf von ihnen erwirkte die Staatsanwaltschaft gerichtliche Durchsuchungsbeschlüsse, die in den Morgenstunden vollstreckt wurden. Bei zwei Beschuldigten lagen die Voraussetzungen für einen solchen „Stubendurchgang“ nicht vor, da ihre Posts in der entdeckten WhatsApp-Gruppe möglicherweise bereits verjährt gewesen sein könnten. Wenige Stunden nach der konzertierten Aktion sprach Innenminister Herbert Reul von einer „Schande für die NRW-Polizei“. Die Vorgänge hatten viele Fragen im Essener Polizeibeirat aufgeworfen.

Durchsucht wurde auch die Wohnung einer Beamtin des Präsidiums Essen, da ihr Lebensgefährte, der zum Kreis der Beschuldigten gehört, sich zum Zeitpunkt der Maßnahmen dort aufhielt. Dienstliche Munition, ein Gewehr und eine geringe Menge Amphetamin wurden sichergestellt. Gegen die Beamtin wurde ebenfalls ein Ermittlungsverfahren eingeleitet.

Beamte müssen gegen ihren Willen in Mülheim Dienst schieben

Durch die Suspendierung der 30 Polizisten von einem Tag auf den anderen wurde die Mülheimer Dienstgruppe komplett zerschlagen. Das Fehlverhalten der mutmaßlichen Hetzer des selbsternannten „Alphateams“ müssen nun Kollegen ausbaden, die umgesetzt wurden, um die entstandene Lücke zu füllen. Sie fehlen nun an anderer Stellen in der Behörde und müssen - wenn auch nur für maximal drei Monate - gegen ihren Willen Dienst in Mülheim schieben.



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