Essen. Rolf Fliß schlägt vor, die historischen Trambahnen auf Linie zu schicken, weil Ersatz fehlt. Die Evag winkt ab.
Erst hatte man kein Glück, dann kam das Pech hinzu bei der Essener Verkehrs-AG: Unfälle, Pannen und die Witterung setzen ihr mächtig zu. Jetzt fehlt es an Straßenbahnen, um den Fahrplan zu bedienen. Der Fahrgastverband „Pro Bahn Ruhr“ rät der Evag, eine größere Reserve an Altfahrzeugen anzulegen und besser darüber zu informieren, auf welchen Linien sie Notbetrieb fährt. Bürgermeister Rolf Fliß (Grüne), der im Evag-Aufsichtsrat sitzt, bringt eine weitere Idee ins Spiel – den Einsatz der historischen Bahnen zu prüfen und Ersatzfahrzeuge bei Verkehrsbetrieben in der Region auszuleihen.
Der verkehrspolitische Sprecher der Grünen im Rat fordert dazu eine Sondersitzung des Infrastrukturausschusses des Aufsichtsrates, wohlgemerkt unverzüglich: „Ich verkenne nicht, dass die Mitarbeiter der Werkstätten alles tun, um die Bahnen wieder flott zu machen, doch außergewöhnliche Ereignisse erfordern außergewöhnliche Maßnahmen“, sagt Fliß. Als Sofortmaßnahme habe er bereits den Einsatz von historischen Trambahnen des Vereins „Verkehrshistorische Arbeitsgemeinschaft Evag“ (VHAG) vorgeschlagen. Schließlich könne man die Kunden nicht im Regen stehen lassen.
Kaum Möglichkeit zur Umsetzung
Zu den liebevoll und aufwändig restaurierten VHAG-Fahrzeugen zählt etwa der alte Triebwagen 1753, der früher auf der Linie 105 in Richtung Frintrop fuhr und dessen Schwesterfahrzeuge noch immer im rumänischen Arad unterwegs sind. „Da muss sich dann die Technische Aufsichtsbehörde von ihrer hilfsbereiten Seite zeigen“, betont Fliß.
Evag-Sprecher Olaf Frei honoriert den „kreativen Vorschlag“, sieht aber wenig Möglichkeiten, diesen umzusetzen. Die Fahrzeuge – insgesamt besitzt die VHAG fünf Triebwagen – müssten erst aufwändig auf die moderne Zugsicherungstechnik umgerüstet werden, die für Linienfahrten im Essener Untergrund erforderlich sei. Frei: „Das macht für uns keinen Sinn, weil die Bahnen in dieser Zeit unsere Werkstätten blockieren würden.“
Engpässe hinnehmen
Außerdem sei das sehr kostspielig. „In dieser Zeit kümmern wir uns lieber darum, dass unsere Fahrzeuge repariert werden“, betont Frei. Und selbst wenn die Evag sie umrüsten würde, dürfte es sicher lange dauern, bis die technische Aufsichtsbehörde (TAB) diese nach mehreren umfangreichen Tests für den Linienverkehr freigibt.
Beim Vorschlag, die umliegenden Verkehrsbetriebe in Bochum, Bielefeld und Krefeld um Leihfahrzeuge zu bitten, muss Frei passen: „Natürlich haben wir unsere Partner längst gefragt, doch sie können keine Bahnen entbehren – und uns lediglich mit Ersatzteilen aushelfen.“
So muss König Kunde, trotz aller gut gemeinten Vorschläge, wohl weiterhin Engpässe im Fuhrpark hinnehmen. Jedenfalls so lange, bis die ersten beiden neuen Trambahnen eintreffen – irgendwann im Herbst.