Essen..
Gut vier Jahre nach der Eröffnung haben Therme und Saunen-Landschaft im früheren Blumenhof ihr Publikum erobert. Wachsen will man nicht mehr - nur weiter an der Qualität arbeiten. Was schon gut ist und was besser werden kann.
Erfolgsgeschichten passieren im Freizeitsektor nicht von selbst, die traurige Geschichte des Gildehof-Bades ist in Essen unvergessen. Von der damaligen Gigantomanie ist man lange weg, kleinere und feinere Einrichtungen haben sich durchgesetzt. Die Gruga-Therme ist ein Beispiel, wie es offenkundig besser funktioniert. Gut vier Jahre nach der Eröffnung hat sich die Wellness-Einrichtung dank allseits anerkannter Arbeit einen festen Stamm an Besuchern erarbeitet und ist nach Auskunft von Geschäftsführer Karsten Peipe seit zwei Jahren in den schwarzen Zahlen.
Eine Entwicklung, auf die man so kaum hatte hoffen dürfen, als der Essener Sportbund vor genau zehn Jahren für den damals leerstehenden und maroden „Blumenhof“ die „Kur vor Ort“ erfand. Die Gruga-Therme ist zentraler Bestandteil dieses Konzepts, das Peipe ein wenig herunterkühlt: Mit einem klassischen Kurort könne sich Essen trotz guter Luftqualität in der Gruga nicht vergleichen, besser spreche man wohl von „medizinischer Wellness“. Aber wie auch immer: Im Schnitt rund 200 Gäste pro Tag, etwa 70 000 Besuche pro Jahr allein in der Therme sprechen eine klare Sprache, zählt man die Fitness- und physiotherapeutischen Angebote hinzu, kommt man auf gut 200 000. „Mehr wollen wir eigentlich gar nicht“, sagt Geschäftsführer Karsten Peipe. Keinesfalls wolle man sich etwa mit dem Saunabetrieb im viel größeren „Activarium“ im Revierpark Nienhausen messen, eine Einrichtung, an der die Stadt Essen zu einem Drittel beteiligt ist. Man darf allerdings gespannt sein, ob nach der im März abgeschlossenen Sanierung in Nienhausen der Konkurrenzdruck auf die Gruga-Therme wächst.
Peipe glaubt eher nicht. „80 Prozent unserer Gäste kommen aus einem Umkreis von rund fünf Kilometern“, sagt er. Sie schätzten die kurzen Wege und die Ruhe. Das „Activarium“ verfolge ein anderes, lebhafteres Konzept. Und auch frühere „Oase“-Saunagäste kämen eher selten in die Gruga-Therme, was auch an den Preisen liegen mag: Das Spektrum bewegt sich immerhin zwischen 12 Euro für zwei Stunden bis zu 18 Euro für den ganzen Tag. Teuer? Die „Kurhaus im Grugapark gGmbH“ sei gemeinnützig, zahle Miete an die Stadt und erwirtschafte keine Gewinne. „Überschüsse verwenden wir für Investitionen.“ Nächstes Jahr will man eine weitere Sauna bauen - vielleicht mit offenem Feuer.
Gruga-Therme und Sauna im Test - subjektive Beobachtungen und Bewertungen
Parken: Außerhalb der Messezeiten unproblematisch bis komfortabel auf dem Messe-Parkplatz P7. Während größerer Messe steht nur ein relativ weit entfernter Parkplatz zur Verfügung, der einen kleinen Fußweg mit Badegepäck nötig macht. Beides ist kostenlos.
Umkleiden: Die Spinde sind fast durchgehend zu klein – vor allem im Winter, wenn man viel Kleidung zu verstauen hat, ist das ohne Quetschen kaum möglich. Zu Stoßzeiten kann es auch sonst eng werden in den Umkleiden, dann Stimmung wie beim Schulschwimmen anno Tobak. Auch diverse Umbauten in den Umkleiden brachten keinen durchgreifenden Fortschritt. Aber immerhin: Problem ist erkannt, man arbeitet dran.
Frequentierung: Im ersten Jahr hatte man Therme und Saunen manchmal für sich allein. Das hat sich gründlich geändert. Unangenehme Enge herrscht aber selten und nur an bestimmten Stellen. Manches ist leider baulich bedingt.
Saunen: Fünf klassische Saunen mit verschiedenen Themen, Wärme-Graden und Düften sowie verschiedenen Größen - von gemütlich bis betriebsam. Dazu eine Dampfsauna. Was allenfalls fehlt und in vielen anderen Sauna-Komplexen üblich ist, ist eine Außensauna mit Holzfeuer. Die ist nicht nur optisch sehr schön (wer guckt nicht gerne ins Feuer), sie entfaltet auch eine ganz eigene, sehr angenehme, trockene Hitze. Aber man kann nicht alles haben, und immerhin denkt die Thermen-Leitung über den Bau einer solchen Sauna im Außenbereich nach. Wie auch immer: Der jetzt gebotene Standard ist auf jeden Fall gut.
Thermen: Es gibt zwei Becken, eins innen (Badekleidung Pflicht), eins außen (freigestellt). Die Bademöglichkeit draußen – in frischer Luft und mit Blick auf den Grugaturm – ist deutlich beliebter, aber dennoch selten überfüllt. Es gibt einen Whirlpool und Massage-Düsen, wobei letztere einen nicht gerade durchs Becken schießen lassen. Das Wasser wird mit Sole versetzt , die aus dem niedersächsischen Kurort Bad Sülbeck stammt.
Sanitäre Anlagen, außerhalb des Sauna-Bereichs: Im Grunde gut, nur der enge Vorraum zur Dusche mit seinen wenigen Ablagemöglichkeiten ist eine Zumutung.
Sanitäre Anlagen, innerhalb des Sauna-Bereichs: Drinnen wie draußen gut, alle wesentlichen und sinnvollen Abkühl-Möglichkeiten vorhanden. Lediglich die Plastik-Eimer für die Fußbäder fallen ästhetisch und funktional ab. Das kann man besser lösen.
Für den einzigen echten Schwachpunkt können die Sauna-Betreiber nichts. Gäste, die es offenbar nicht besser wissen, nutzen die zum Abkühlen gedachten Sanitäranlagen bisweilen für die Körperreinigung. Dann durchzieht schon mal der penetrante Geruch von 99-Cent-Duschgel diesen Bereich. Das Personal müsste da ein wenig aufklärend wirken. Im Abkühl- bereich sollte es nur zweierlei geben: Verschwitzte Nackte und klares Wasser!
Aufgüsse: Sehr gut bis gut, je nach Tagesform der Saunameister, die sich alle sehr viel Mühe geben. Man muss wissen: Aufgüsse sind Schwerstarbeit. Erfrischend der Verzicht auf Heckmeck und enervierende Witzchen, der in anderen Saunen oft üblich ist. Die Bademeister bitten sogar ausdrücklich um Ruhe.
Wasserqualität: Gutes Essener Ruhrwasser. Lediglich im Hochsommer ist es zum Abkühlen nicht kalt genug. Dann merkt man, dass es nicht aus dem tiefen Berg kommt.
Ruheraum: Eigentlich gut. Wenn da nur nicht die Dauer-Flüsterer und die Zeitschriften-Umblätterer wären, die das Wort Ruhe sehr eigensinnig interpretieren.
Service: Klarer Pluspunkt. Trotz vieler Besuche hat der Tester nur selten ein unfreundliches Wort gehört. Kunden-Orientierung ist lobenswert, manchmal fehlt sogar eine etwas deutlichere Ansprache.
Ambiente außen und innen: Ein entscheidender Pluspunkt: Der Sauna-Garten war ursprünglich der Japanische Garten der Gruga. Daran wurde angeknüpft, und zwar sowohl mit der Architektur, außen wie innen, als auch mit dem Sauna-Garten selbst. Die klaren Linien, bodentiefen Fensterfronten, schnörkellosen Liegen, Sessel und Ablagen überzeugen. Auf Mediterrano-Kitsch und ähnliche Überfrachtungen wurde gottlob verzichtet. Bleibt zu hoffen, dass es sich bei den neuerdings angebrachten, eher unpassenden Bildern um einmalige Experimente handelt und nicht um den Beginn eines Stilbruchs.
Aufenthaltsmöglichkeiten: Angenehm und vielfältig, sowohl drinnen, mehr noch draußen. Die Dachterrasse kann zur richtigen Zeit und in der richtigen Stimmung dank des Blicks in die Baumwipfel der Gruga etwas geradezu Überirdisches entfalten. Störend ist allerdings der Lärm, der aus den Messehallen dringt, wenn dort Großereignisse sind. Und das unüberhörbare Drehkreuz des benachbarten Gruga-Eingangs sägt an den Nerven. „Wir arbeiten dran“, sagt Thermen-Chef Karsten Peipe..
Essen und Trinken: Geboten wird eine stark Salat-orientierte Imbiss-Küche, die sättigt. Mehr gibt es nicht zu sagen. Dankenswerterweise sind Gastronomie und die anderen Sauna- und Thermen-Bereiche klar getrennt, was nicht überall Standard ist.
Öffnungszeiten: Recht arbeitnehmerfreundlich, 9 bis 22 Uhr, Freitag und Samstag sogar bis 23 Uhr. Betrübliche Ausnahme: Am Sonntag, wenn fast alle richtig Zeit haben, schließt die Therme schon um 19 Uhr. Dies habe sich am Anfang so ergeben, als nur wenige die Einrichtung kannten und das Personal am Sonntag Abend oft nahezu allein gewesen sei. Karsten Peipe: „Das ist aber nicht in Stein gemeißelt.“