Essen-Rüttenscheid. Die Nachfrage für zentrale Lagen an der Rü ist dennoch ungebrochen: Mit dem „Filetshop“ kommt bald ein Konzept aus Dortmund an die Martinstraße.

Bis zu 80 Euro pro Quadratmeter bei Neuvermietungen liegt mittlerweile der Spitzenpreis für Ladenlokale im Herzen der Rüttenscheider Straße: Das geht aus dem Mietspiegel der Grundstücksbörse Ruhr e.V. hervor. In mittleren (50 bis 100 Quadratmeter) und großen Geschäftsräumen (mehr als 100 Quadratmeter) verteuerte sich der Preis im Vergleich der Jahre 2010 und 2014 um 20 Prozent.

Nachdem der Mietspiegel jahrelang konstant war, wertet Rainer Post, Immobilienmakler und Vorstandsmitglied der Grundstücksbörse Ruhr, die Zahlen auch als Beleg für die wachsende Attraktivität der Einkaufsstraße. „Die Preise sind in der steigenden Nachfrage begründet. Nicht nur aus Essen drängen immer mehr neue Konzepte auf die Rü, die überregional für Essen an Bedeutung gewonnen hat“, so Post. In den vergangenen Monaten brachte er u.a. den in Hamburg gegründeten Gewürz- und Feinkostshop „Viola’s“ sowie das Schweizer Möbelunternehmen „Vitra“ an die Rü: In beiden Fällen Franchisekonzepte aus dem hochwertigen Segment, die u.a. auch an der Königsallee in Düsseldorf oder der Leopoldstraße in München sitzen. „Für beide Ladenlokale gab es zahlreiche Bewerber. Besonders in Rüttenscheid ist, dass vielen Eigentümern neben einem dauerhaften Mietverhältnis auch die gute Mischung am Herzen liegt“, so Post.

„Eine der größten Gefahren für den Stadtteil“

Einen ähnlichen Ansturm habe es auch auf die Räume des ehemaligen Sanitärfachgeschäfts Schöning an der Kreuzung Martinstraße gegeben. Den Zuschlag erhielt am Ende mit Martin Hesterberg ein junger Unternehmer aus Dortmund. 2011 eröffnete er den ersten „Filetshop“ in seiner Heimatstadt, expandierte schließlich in Düsseldorf und zuletzt in Köln. Ende März soll die erste Filiale in Essen eröffnen, in der es hochwertiges Fleisch vom Bison bis hin zum Wagyu-Rind gibt. Das Konzept: seltener, aber dafür besseres Fleisch essen. „Wir haben schon einige Kunden aus Essen. Zum anderen glauben wir, dass wir gut auf die Rü passen“, sagt Martin Hesterberg. Auf den Mietpreis angesprochen, gibt er zu, dass dieser „an der Obergrenze liegt“. In Dortmund – wenngleich nicht an allzu exponierter Stelle – betrage die Ladenmiete bei gleicher Größe die Hälfte. „Dafür liegen wir an der Rü mittendrin und dazu noch an einer belebten Kreuzung. Das muss man natürlich mit einrechnen“, so Hesterberg.

Wenngleich auch diese Neuvermietung die Rü sicherlich aufwerten wird: Rolf Krane, Vorsitzender der Interessengemeinschaft Rüttenscheid (IGR), sieht in der Entwicklung der Ladenmieten insgesamt „eine der größten Gefahren für den Stadtteil“. „Umsatz ist nicht gleich Gewinn, das gilt insbesondere für die Gastronomie. Dort sind in der Vergangenheit mitunter erfolgreiche Konzepte zunichte gemacht worden, weil Eigentümer die Miete unverhältnismäßig erhöht haben“, so Krane. Dass junge Start-Ups kaum eine Chance auf ein Ladenlokal in begehrter Lage zwischen Stern und Martinstraße haben, sieht er weniger kritisch. „Wer neu beginnt, für den sind die Seitenstraßen meist günstiger. Dass sich auch dort einiges auf die Beine stellen lässt, haben nicht zuletzt Aktionen wie das Late-Night-Shopping bewiesen“, so Krane.

„Markt regelt sich von allein“

Makler und Eigentümer Eckhard Brockhoff sieht keine Gefahren durch die Mietpreissteigerung. Nach wie vor gebe es in Rüttenscheid viele kleine Ladenlokale, die insbesondere für den inhabergeführten Einzelhandel spannend und bezahlbar seien. Brockhoff agiert im Rü-Karree (u.a. Café Sprenger, Parfümerie Pieper, Papeterie Petersen) selbst als Vermieter und achtet als solcher auf eine gute Mischung, wie er sagt. Ein Beispiel dafür sei das Feinkostgeschäft Olivia Culinaria Italia, dessen Betreiber er vor zehn Jahren gezielt auf dem Rüttenscheider Markt angesprochen habe: „Ich dachte mir damals, dass sie gut an die Rü passen würden. Um den Einstieg zu erleichtern, haben wir zunächst einen Mietvertrag mit monatlichem Kündigungsrecht abgeschlossen“, so Brockhoff. Grundsätzlich regle sich der Markt selbst. Wer in der 1a-Lage der Rü bestehen wolle, müsse eben ein einzigartiges Konzept mitbringen.