Essen. In Feierlaune sind die Essener Christdemokraten am Wahlsonntag schon ab 18 Uhr. Um den Süd-Wahlkreis zittern sie aber noch bis halb elf.
Zwischen Tristesse und Triumph liegen an diesem Abend im Rathaus nur wenige Meter: Während die CDU in ihren Räumen im zweiten Stock feiert, erleben sie nebenan bei der SPD einen Untergang.
Die Christdemokraten sind dagegen schon kurz vor 18 Uhr vorsichtig optimistisch, da hat sich bereits herumgesprochen, dass sie mit klarem Vorsprung vor der SPD abschneiden werden. Dass sie ein Ergebnis erzielen, „mit dem vor sechs Wochen niemand gerechnet hat“, wie es Fabian Schrumpf formuliert. Der 34-Jährige wird allerdings noch Stunden bangen müssen, um zu erfahren, wie sich der Wind des Wandels für ihn selbst auswirkt: Erst gegen 22.30 Uhr steht fest, dass er den Südwahlkreis gewonnen, das Ticket nach Düsseldorf gelöst hat.
Bis dahin sorgt dieser Wahlkreis dafür, dass die ausgelassene Stimmung in den Räumen der CDU zumindest noch mit leichter Nervosität unterlegt ist. Der neue Zuschnitt des Wahlkreises, zu dem nun etwa das bürgerliche Bredeney nicht mehr zählt, bereitet Schrumpf und Parteichef Matthias Hauer Sorgen. Zumal sich Letzterer noch gut an die Bundestagswahl 2013 erinnert, bei der er in einem wahren Wahlkrimi erst bis tief in die Nacht bangen und dann eine Neuauszählung abwarten musste, bevor der Wahlkreis offiziell an ihn ging.
Während Hauer an diesem Mai-Sonntag also wartet, bevor er vor seine Parteifreunde tritt, geben die gern Auskunft über die „grandiose Aufholjagd“, die die CDU in den vergangenen Wochen hingelegt habe. So etwa formuliert es Oberbürgermeister Thomas Kufen, und bescheinigt der Konkurrenz:. „Die SPD hat mit ihrem Wohlfühl-Wahlkampf den Nerv nicht getroffen.“ Kufen verbringt den Wahlabend in Düsseldorf in der Runde um den CDU-Spitzenkandidaten Armin Laschet, der mit Verkehr, innerer Sicherheit und Bildung „auf die richtigen Themen gesetzt“ habe.
Auch Peter Renzel, der nicht als Sozialdezernent, sondern als Privatmann zitiert werden möchte, berichtet von Eltern, „die sich beim Thema Inklusion von Rot-Grün allein gelassen fühlten“ und von seinen Begegnungen am Wahlkampfstand in Heisingen, wo es immer wieder Unmutsäußerungen über Innenminister Ralf Jäger von der SPD gegeben habe. „Da habe ich die Wechselstimmung gespürt.“
Um 20.20 Uhr befeuert Matthias Hauer die Freude, als er vor Mitglieder und Anhänger der CDU tritt und ausruft: „Rot-Grün ist abgewählt – das ist eine gute Nachricht für NRW und auch für Essen.“ Was immer der Abend noch bringe, eins stehe fest: „Wir gehen jetzt mit Rückenwind in künftige Wahlen.“ Ein Versprechen, das mit Applaus und Bravorufen beantwortet wird.
Noch größer ist wohl nur Fabian Schrumpfs Freude, als er endlich weiß, dass er den Süd-Wahlkreis errungen hat: Um 23 Uhr – da sind die Christdemokraten schon zum Feiern in ein Lokal an der Rüttenscheider Straße umgezogen, da ist auch OB Kufen zu ihnen gestoßen – erklärt der Kandidat, dass die Anspannung nun langsam von ihm abfalle. „Noch dazu habe ich den Wahlkreis viel deutlicher gewonnen, als ich mir das jemals hätte träumen lassen.“ Das zeige doch: „Großstadt können wir auch.“