Essen.
Am Mittwochmorgen sah es in Halle 1 noch so aus wie es in Messehallen eben aussieht: nackter Boden, kahle Wände, hohe Decken und viel Luft. 5000 Quadratmeter blanke Stellfläche. 36 Stunden später hat ein Großteil der Fläche eine wundersame Wandlung erfahren. Aus der tristen Halle ist eine bunte Welt geworden mit Dutzenden Ständen, einer Showbühne und reichlich Scheinwerferlicht. Eine Schar von Messebauern hat den Boden für die Essener Premiere der heute beginnenden Babywelt-Messe bereitet.
Männer, die gut mit Akku-Schrauber und Wasserwaage umzugehen wissen. Und nicht nur das. Die Zeiten, in denen Studenten Messestände mal eben auf- und abbauten, sind lange vorbei. „Mit dem Holz- und Ladenbau von früher hat das nicht mehr viel zu tun. Die Anforderungen sind viel größer und breiter geworden“, sagt Simon Muhr, der von wahren Beamerschlachten berichten kann. Und mittlerweile haben Männer wie er auch eine ordentliche Berufsbezeichnung und eigene Ausbildung. Fachkraft für Veranstaltungstechnik heißen sie heute offiziell. Der 35-jährige Hamburger, der mal Installateur gelernt und Ingenieur-Lehrgänge besucht hat, ist sogar noch mehr: Als Beleuchtungsmeister ist er der Technik-Chef des Teams der Fleet Events GmbH, die die Babymesse veranstaltet. Zwei Tage brauchen er und seine drei Kollegen, um die Veranstaltungsbühne aufzubauen. „Das ist eben keine aufblasbare Hüpfburg“, so Muhr.
In Essen ist er sozusagen auf der Durchreise. Heute geht es weiter nach Stuttgart, dann nach München zur Philips-Roadshow, mit der er nächste Woche auch in Oberhausen Station macht. „Messebau ähnelt dem Schaustellergewerbe“, sagt er. Mit besonderen Typen. „’Ne eigene Sorte Mäuse“, nennt Günther Held (37) von der Düsseldorfer Werbeagentur Markenloft das und freut sich schon auf das Treffen mit den Jungs von Humana aus Oldenburg.
Messebauer sind also oft auf Achse. Was Vor- und Nachteile hat und mit Familie nicht immer einfach ist. „Aber im Grunde genommen ist es schon ganz gut“, findet Alex Unger. Raus aus dem Alltag. Und zwei Tage später wieder rein.
Er und seine Mitstreiter mögen das. Der 37-Jährige gehört einer vierköpfigen Mannschaft aus Rodgau an, die schon in halb Europa Stände auf- und abgebaut hat. Amsterdam, Brüssel, Mailand. Die gut gelaunte Crew mit dem breiten beruflichen Background könnte auch in einem Roadmovie eine Rolle spielen; was gar nicht so abwegig zu sein scheint. Denn sie arbeiten nicht nur miteinander, sondern kennen sich schon seit langem aus der Skateboard-Szene.
Emsiges Treiben in Halle 1
Zum fünften Mal bauen André Fecher (37) und seine Crew den Stand auf. „Und mit jedem Mal geht es etwas schneller.“ Wobei es hilft, wie in Essen mit dem Lkw direkt an den Stellplatz fahren zu können und dort das Material abzuladen. „Das sind meine Lieblingsmessen“, sagt Fecher. Zumal der Abbau, der von Sonntagabend bis in die Nacht auf Montag dauert, dann besonders schnell von der Hand geht.
Der 37-Jährige ist gelernter Tischler und ebenso wie seine Mitstreiter nicht fest angestellt, sondern Selbstständiger. „Der Sub vom Sub“, heißt das im Jargon. So wie seine Kollegen Roland Sandfort (35), Lars Günther (38) und Alex Unger ist Fecher zwar auch, aber nicht ausschließlich Messebauer.
Ein paar Stände weiter ist der Elefanten-Stand schon fast fertig. Björn Gilden (43) und Evi Gkakidis (38) sind eifrig dabei, Luftballons in rot und weiß aufzublasen.
Deichmann-Dekorateure
Die beiden Dekorateure sind ansonsten für die 93 Deichmann-Filialen in der Rhein-Ruhr-Region zuständig. Sie feiern ihr Messe-Premiere. Die oberste Prämisse: „Es soll so aussehen wie in unseren Fachgeschäften“, sagt Björn Gilden. Wiedererkennung ist wichtig.
Derweil stecken Simon Muhr und die für die Koordination zuständige Projektmanagerin Kristina Kammann die Köpfe zusammen. Noch zehn Stunden, dann muss alle tip top sein. Links werden zwei Kinderwagen an ihren vorbeigeschoben, rechts heult ein Akkuschrauber auf, im Hintergrund werden zwei Lkw ausgeladen. Messebau-Alltag.
Margarete Meyer ist zuversichtlich, dass sich der Aufwand lohnt. Die 32-jährige Marketingleiterin von Fleet Events bleibt bis Sonntagabend, um zu sehen, ob die Babywelt, die in Hamburg (18.000 Besucher), Stuttgart und München (je 14 bis 15.000) gut läuft, auch hier ein Erfolg wird. Falls ja, dürfte es 2014 eine Fortsetzung an der Gruga geben.