essen. Fallen die Temperaturen weiter, könnte die Notübernachtung an der Lichtstraße in Essen an Grenzen stoßen. Rotes Kreuz bietet weitere Plätze in Borbeck an.
Treffen fallende Außentemperaturen auf eine gestiegene Zahl Wohnungsloser in dieser Stadt, wird es in der Notübernachtungsstelle an der Lichtstraße eng: Bereits am Wochenende suchten 60 Obdachlose in der Einrichtung Schutz vor der klirrenden Kälte. Schlägt die Polar-Peitsche in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch mit bis zu zehn Grad unter Null noch gnadenloser zu, dürfte das Haus, das das Diakoniewerk im Auftrag der Stadt betreibt, absehbar an seine Kapazitätsgrenzen stoßen. Doch die Helfer haben in Abstimmung mit der Stadt vorgesorgt.
Sollte die Unterkunft samt der Notbetten, die bereits in den vergangenen Tagen vorsorglich aufgestellt wurden, aus allen Nähten platzen, werden die Schutzsuchenden erstmals im wenige hundert Meter entfernten Flüchtlingsheim an der Papestraße ein Dach überm Kopf finden, sagt Petra Fuhrmann von der Wohnungslosenberatung im Sozialzentrum an der Maxstraße. „Wir weisen niemanden ab“, sagt Fuhrmann. Und wenn man zunächst nur einen Stuhl zum Aufwärmen und Ausruhen anbiete.
Tierheim nimmt Vierbeiner vorübergehend auf
Zehn weitere Übernachtungsplätze bietet das Deutsche Rote Kreuz auf seinem Gelände am Wolfsbankring in Borbeck an. Das 50 Quadratmeter große Zelt öffnet ab fünf Grad unter Null. Wer dort übernachtet, kann am nächsten Tag kostenlos mit Bussen und Bahnen der Ruhrbahn weiterfahren, sagt deren Sprecherin Sylvia Neumann: „Die Ruhrbahn hofft, mit dieser Aktion obdachlosen Menschen gezielt helfen zu können.“ Den Bringservice, so Neumann, übernehmen Ehrenamtliche von „Essen packt an“. Hunde dürfen mit ins DRK-Zelt genommen werden. An der Lichtstraße sind Haustiere hingegen nicht erlaubt, aber in Kooperation mit dem Tierheim ist es seit geraumer Zeit möglich, seinen Vierbeiner in Ausnahmefällen über Nacht an der Grillostraße abzugeben, sagt Fuhrmann.
Dass die Stadt in diesem Jahr ein Flüchtlingsheim für Obdachlose öffnet, ist neu, aber vermutlich auch notwendig. Man habe rechtzeitig den Kontakt gesucht, um im Bedarfsfall mehr Menschen auf der Suche nach Schutz und Wärme aufnehmen zu können, nachdem bereits seit Oktober die Belegung der Lichtstraße merklich zugenommen habe.
15 000 Übernachtungen kamen dort allein im vergangenen Jahr zusammen, wohl auch weil die Zahl der Menschen ohne Wohnung binnen eines Jahres in Essen um immerhin zehn Prozent gestiegen ist. 1873 Klienten sind den Helfern aktuell bekannt, 42 000 Beratungskontakte wurden im vergangenen Jahr gezählt. Doch auf der anderen Seite gibt es eine Dunkelziffer von Zuwanderern in Not aus dem Südosten Europas, die schlechter ins Hilfesystem eingebunden sind, weil sie keinen Anspruch auf Transferleistungen besitzen.
Helfer suchen regelmäßig die Schlafplätze auf
Wie viele von ihnen in dieser Stadt trotz der gefährlichen Minusgrade weiter „Platte machen“, kann auch Petra Fuhrmann nicht sagen. Bekannt sind der Chefin der Wohnungslosenberatung allerdings bis zu zehn obdachlose „Kunden“ ihres Hauses, die trotz der Eiseskälte Väterchen Frost Nacht für Nacht die Stirn bieten. Doch Helfer kennen ihre Schlafplätze und suchen sie in diesen kalten Tagen regelmäßig auf.
Die wissen übrigens aus Schilderungen ihrer Schützlinge, dass die aktuell sehr trockene Kälte ihnen wider Erwarten nicht so sehr zu schaffen mache. Problematischer sei die Feuchtigkeit, die in Schlafsäcke und Kleidung krieche, wenn bei wieder steigenden Temperaturen Regen und Schnee hinzukämen.
Essener U-Bahnhöfe kein Platz für Obdachlose
Während andere Städte ihre U-Bahnhöfe für Obdachlose öffnen, bleiben die Essener Verkehrsanlagen für Schutzsuchende geschlossen. Das Sicherheitsrisiko sei zu groß, da sich Menschen in den Tunnelanlagen schlafen legen könnten, heißt es bei der Ruhrbahn.
Die Hilfseinrichtungen bitten die Bürger während der Kältewelle um erhöhte Aufmerksamkeit. Wer einen Menschen in Not entdeckt, sollte Polizei oder Feuerwehr benachrichtigen. Das DRK bietet zudem eine 24-Stunden-Hotline, die unter 22 22 22 zu erreichen ist.