Essen. In einem Naturschutzgebiet in Schönebeck sollen alte Buchen fallen, weil sie für illegale Waldnutzer eine Gefahr darstellen. Das Kamptal ist eines von rund 26 Gebieten in Essener Wäldern, die Extrem-Radfahrer für Querfeldein-Radrennen (Dirtbiking) entdeckt haben. Das ist zwar verboten. Dennoch muss die Forstverwaltung auch illegale Nutzer schützen. Borbecker Bezirkspolitiker sind empört.
„Es kann nicht sein, dass wir Bäume abholzen sollen, nur weil sich einige Geländeradfahrer nicht an bestehende Regeln halten. Und wenn die alten Buchen im Naturschutzgebiet Kamptal abgesägt sind, suchen sich die Dirtbiker ein neues Waldstück, um das schlechte Spiel von vorn zu beginnen.“
Thorsten Drewes, Sprecher der Grünen in der Bezirksvertretung Borbeck, sagt, was alle anderen Parteienvertreter dort auch fühlen: sich vor den Baum gedrückt. Weil eventuell einer der Querfeldein-Radler vor einen Baum prallen könnte, während er es sich unerlaubt im Naturschutzgebiet austobt, sollen die Bäume nahe des Schönebecker Terassenfriedhofes fallen.
Dirtbiker suchen die Gefahr
Denn: Genau so ist die Rechtslage, seufzt Bernd Schmidt-Knop, Werkleiter von Grün und Gruga. Förster und Waldbesitzer laufen seit Jahren Sturm gegen die im Gesetz verankerte erhöhte Verkehrsssicherungspflicht. Die sagt überspitzt: Wer als Waldbesitzer eine Nutzung nicht verhindert, muss die Nutzer vor Schaden bewahren, sonst haftet er.
Dabei suchen die Dirtbiker selbst die Gefahr. Sie suchen sich für ihre Geländerennen unwegsame Gefällestrecken im Wald, die sie mit eingebauten Rampen und Schanzen noch verschärfen. Diese Streckeneinbauten muss die Forstverwaltung mit immer größerem Aufwand zurückbauen und kommt damit kaum noch nach. Dennoch kommt sie aus der Sicherungspflicht nicht heraus. Das ist am Fall eines tödlich verunglückten Dirtbikers in Detmold deutlich geworden. Schmidt-Knop: „Unsere Forstverwalter haften persönlich, wenn etwas passiert.“
Kommunikation schwierig
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Wolfgang Rohrberg, Geschäftsführer des Sportbundes Espo, bemüht sich um die Entschärfung dieses Konfliktes. Allerdings gestaltet sich der Kontakt zu den Querfeldein-Radlern schwierig. Sie sind selten in Vereinen organisiert, verabreden sich spontan über soziale Medien im Netz.
Querfeldeinradeln durchs Kamptal hält Rohrberg unabhängig von der Haftungsfrage für extrem gefährlich: „Wenn da ein Ast runter fällt, hilft ein Helm auch nicht mehr.“ Deshalb appelliert er an die Vernunft der Radler und im Zweifel der Eltern. Grundsätzlich schwebt ihm als Kompromiss die Einrichtung legaler Dirtbikeflächen vor. Der Espo kommt als Betreiber allerdings nicht in Frage: „Wir haben keine Kapazitäten mehr.“ Das Beispiel der Graffitisprayer zeige zudem, dass man mit solchen Angeboten nur einen Teil der Szene erreiche.
Mit dem Beispiel Kamptal will Grün und Gruga Politik und Bürger auf das Dilemma aufmerksam machen. Die Borbecker Bezirksvertreter haben klar Position bezogen: für die Bäume, gegen die Biker.