Essen. „Nein“ zum Pflichtpraktikum in der Allgemeinmedizin sagten rund 300 angehende Mediziner auf dem Campus des Essener Universitätsklinikums, einen Tag, bevor der Bundesrat über die Änderung der Ärztlichen Approbationsordnung entscheidet.
„Eigentlich will man damit die Versorgungsqualität sichern, aber das wird sicher nicht dadurch erreicht, dass man alle Jungmediziner zwangsweise in Allgemeinmediziner-Praxen schickt“, sagt Bahman Afzali von der Fachschaft Medizin, der auch in der Bundesvertretung der Medizinstudierenden in Deutschland gegen den Vorstoß aus Mecklenburg-Vorpommern wettert. In Kitteln und unter dem Motto „Wahltertial statt Qualquartal“ machten die Studierenden ihrem Ärger mit einem kurzen Protest vor dem „Operativen Zentrum II“ Luft.
„Bisher können wir die Bereiche im praktischen Jahr frei aussuchen, abgesehen von der Inneren und der Chirurgie“, so Afzali. Letztere habe vom Zwangspraktikum wenig profitiert. Afzali: „Das hat der Chirurgie auch nicht mehr Bewerber eingebracht.“ Die Medizinischen Fakultäten Deutschlands würden momentan eine Welle an Protesten von Seiten der Medizinstudierenden erhalten, in denen sich der Unmut gegen Pflichtabschnitte Allgemeinmedizin im praktischen Jahr richtet. Starken Rückenwind erhalten sie etwa von der Ärztekammer Westfalen-Lippe, die sich ebenfalls dagegen ausspricht. „Mit einer Zwangsverpflichtung schrecken wir unseren Nachwuchs ab“, sagt Dr. Theodor Windhorst. „In dieser Diskussion sollte man eher den betroffenen Medizinstudenten zuhören und ihre Wünsche anerkennen; ihnen gehört schließlich die medizinische Zukunft“, betont der Kammerpräsident.
In vielen medizinischen Fakultäten würde die Allgemeinmedizin eher stiefmütterlich behandelt, sagt Afzali. „In Essen stehen wir unglaublich gut da, weil wir ein eigenes Institut für Allgemeinmedizin haben.“ Das Uniklinikum sei damit ein Vorreiter in Deutschland. Afzali und seine Mitstudierenden fordern, dass die Lehre in der Allgemeinmedizin generell mit mehr Mitteln ausgestattet werden müsse, „um sie für Jungmediziner attraktiver zu machen“. Nur so könne die Versorgungsqualität langfristig gesteigert werden.