Essen-Werden.. Die Prachtstraße im Herzen von Werden: Flair begeistert Wanderer, Radfahrer, Wochenendausflügler und auch Einheimische gleichermaßen.


Zum Staunen: Die Grafenstraße in Werden: Wanderer, Radfahrer, Wochenendausflügler: „Wohin gehst oder fährst Du, wenn Du nach Werden kommst?“ Natürlich in die Grafenstraße, eine Straße mit Charme und besonders viel Flair.

Klein, aber besonders fein, eine Flaniermeile in Werden, gekreuzt von der nicht minder eleganten Rue Hufergasse, beides in Miniatur, so wie die Basilika in Werden auch päpstlich bezeichnet wird, fast vergleichbar mit der legendären Züricher Bahnhofstraße.

Alpha geht nicht immer bis Omega, nicht immer von A-Z, wer A sagt, braucht nicht immer B zu sagen, wenn er erkannt hat, dass A falsch ist. Die Grafenstroot geht von A zu A, von „Alt-Werden“, der denkmalgeschützten Gaststätte, bis zu Abrahams-Konditorei am Ende; gegenüber des Werdener Gymnasiums, einst Gymnasium mit einer Abitur-Tanzabteilung, 270 Meter sind es, die Heinz Werntges mitgestaltet hat.

Im „Alt-Werden“ verkehrt jetzt die Jugend, früher von Ingrid und „Pizzi“ (Heinrich) Frerix geführt. Die Lautstärke, bis in die Morgenstunden mitunter, wird nicht von allen Nachbarn geschätzt, im Gegenteil: Es hat auch schon dezente Auseinandersetzungen justiziabler Art gegeben. Aber ein Anrainer: „Wo sollen wir denn hingehen, wenn es Pizzi nicht mehr gibt?“

Die schönste kleinste Straße der Welt. Ist sie sicher, zumal dort eines der kleinsten Häuser Deutschlands steht: die Kemnate von 1336. Das sind die Eckpole dieser Meile. Dort haben Folkwangstudenten gefeiert bis zum Gehtnichtmehr. Auf der Grafenstraße kann man draußen und drinnen sitzen, frühstücken, Mittag- und Abendessen, alles ist machbar, nichts ist unmöglich.

Manchmal lernt man den Flair eines Ortsteils am besten kennen, wenn man eine Tasse Kaffee in einer ihrer prominenten Gassen trinkt. Oder einfach nur schlendert, mit einem offenen Auge für Details und Kleinigkeiten. Werdens Genussplatz, Ecke Grafen- und Körholzstraße, hat ein neues markantes Zeichen. Anna hat gegenüber ihrer Eisdiele Dolce Vita das Café Werntges.

Warum in die Ferne schweifen, wenn alles Gute liegt so nah?

Italienische Restaurants, Arztpraxen, Modeläden, Immobilien-Händler, Parfümerie, Steuerberater. Buchhandlung, älteste Zeitung des Ruhrgebiets, Reisebüro und Institut für Führungskunst. Alles liegt nahe. „Klein, aber gemütlich ist es in Werden, es versprüht einen Hauch von Urlaub und Freizeit“, sagt ein Velberter Ehepaar. Und ein radelndes Ehepaar aus Holland schwärmt: „Der Ruhrtalweg nach Werden ist schön, wo Abraham einen europaweiten Ruf bekam, obwohl er ja ursprünglich aus Holland stammte.“

Eine Radfahrer-Clique aus Münster: „Wir wollten mal an den Ort, aus dem der erste Bischof aus Münster stammte, der Heilige Ludgerus. Gleich besuchen wir den Schrein und die Schatzkammer.“ Sie stand draußen, hatte sich die Haare dunkeln tönen lassen und rauchte. An-dere: Straßenkarte in der Hand und wollten weiterfahren – illuster das Bild in der Grafenstraße.

Woher der Name kommt? Versionen schwirren: Wenig einleuchtend: Graf Berge von Schloss Burg in Wuppertal, ein vorzügliches Ausflugsziel, sei der Namensgeber. Weit gefehlt. Der hatte wohl mit Köln, aber nichts mit der hiesigen Abtei zu tun. Wenn einer, dann Lokalhistoriker Heinz Werntges, der hat es auf den Punkt gebracht: „Früher hieß sie Grabenstraße, die von oben an der Stadtmauer herunterfloss und im Zuge der Eingemeindung nach Essen in Grafenstraße umbenannt wurde, um Verdoppelungen zu vermeiden“, meinte auch Thomas Hausen. Nachzulesen in der Chronik von Wilhelm Flügge von 1886, wo es noch die Priem-Insel, Mexico, Laupendahler Chaussee, die Ruhrstraße und zwei Teiche gab. Und auch mehrere Karnevalsvereine.

„Eugen und Akkordmalocher“

Ein Loblied auf die alte Grafenstraße sangen übrigens auch mal Eugen Giepen und Klaus Pelizaeus, bekannt als Essener Stimmungskanonen-Duo „Eugen und Akkordmalocher“: „Lass doch die Grawestraat so wie sie ist, denn ich häng’ doch an meinem Elternhaus. Wenn Du da, wie ich, groß geworden bist, willste auch nicht mehr dar aus“.