Essen. Stratmanns Theater fühlt sich von der Stadt Essen zu wenig wahrgenommen. Warum sich die Bühne im Netz nun um einen neuen Standort bewirbt.
Anfang der 1990er Jahre haben Ludger Stratmann und sein Bruder Christian einiges in Bewegung gesetzt, um das alte Amerikahaus in Essen zu einem florierenden Privattheater zu machen. Rund 900.000 Euro wurden in die Renovierung gesteckt und das Leben in den Dienst der Sache gestellt.
Ludger Stratmann hat seine Arztpraxis an den Nagel gehängt und Karriere mit heiterem medizinischen Kabarett auf der eigenen Bühne, aber auch bundesweit gemacht. Die Fernsehsendung „Stratmanns - Jupps Kneipentheater im Pott“ tat ein Übriges, den Bekanntheitsgrad zu steigern. Nun hatte er im September sein Abschiedsprogramm „Dat Schönste zum 25.“ gestartet. Viele Fans waren an seiner Seite.
Keine Würdigung zum Abschied des Doktors
Dass nach einem Vierteljahrhundert kulturellen Erfolgs keine Würdigung auf den Kanälen der Stadt Essen erschien, ärgert Sohn Philipp Stratmann, der das Haus seit 2004 leitet. „Er hat die Stadt seit mehr als 25 Jahren repräsentiert“, betont er. Auch sein Vater sei enttäuscht.
Das wurde nun zum Auslöser für ein, wenn auch nicht ganz ernst gemeintes, kurzes Video, mit dem sich das Privattheater auf sozialen Netzwerken für einen neuen Standort bewirbt. „Ja, es ist etwas Wahres dran. Ein Schrei nach Liebe“, scherzt Philipp Stratmann, sagt aber auch: „Andere Städte würden sich nach einem Theater, das Comedygrößen und komödiantische Eigenproduktionen auf die Bühne bringt, die Finger lecken.“
Das Privattheater will zeigen, was es geleistet hat
Es hat sich einiges angestaut über die Jahre, obwohl es „keinen Krach mit der Stadt Essen“ gab. Und so macht er sich Luft, in dem ironischen Drei-Minuten-Film. Dass es höchstens mal eine Erwähnung pro Jahr in den Marketingkanälen der Stadt gebe, erwähnt er, dass das denkmalgeschützte Gebäude mit Theater nicht zu den Sehenswürdigkeiten Essens zählt, dass das Haus bei Veranstaltungen auf dem Kennedyplatz mit übriggebliebem Material verstellt wird.
Wie in einer Bewerbung üblich, werden die Vorzüge des Hauses herausgestrichen: „Wir bieten autarke Arbeit“, „keine Subventionen nötig“, „200 Vorstellungen pro Jahr mit über 80.000 Besuchern inklusive des Gastronomiebetriebs“, heißt es da. „Wir wollen zeigen, was wir leisten“, so Stratmann.
Erwünschter Austausch mit der EMG bahnt sich an
„Ich würde mir die Wertschätzung der Stadt wünschen und ein gutes Management des Kennedyplatzes“, sagt der 44-Jährige, der sehr wohl weiß, wie schwierig der Standort ist. Als Anklage will Philipp Stratmann das Video nicht verstanden wissen. „Es ist mit einem Augenzwinkern gemeint.“ Einen Austausch mit der EMG (Essen Marketing Gesellschaft) möchte er und bekommt ihn prompt.
Richard Röhrhoff, Geschäftsführer der EMG, zeigte sich nicht amüsiert über den öffentlichen Auftritt. „Das kann man unter Nachbarn anders regeln. Da macht einen Termin und redet darüber. Andere Theater wie das GOP kommen vorbei und fragen, ob wir etwas tun können und wir spielen das über unsere Kanäle aus“, so Röhrhoff. Dass das Europahaus mit dem Stratmanns bei den Essener Sehenswürdigkeiten nicht gelistet ist, gibt er zu. „Da ist uns ein Fehler unterlaufen“, räumt er ein und verspricht die Bereinigung aller Themen. „Ich finde das Stratmanns toll.“
Ist das Europahaus keine Sehenswürdigkeit?
Unter den Sehenswürdigkeiten der Stadt finden sich im Internet unter anderem das GOP, die Lichtburg, das Aalto- und das Grillo-Theater, die Zeche Carl und die Zeche Zollverein - das Europahaus mit Stratmanns Theater fehlt. Warum eigentlich?
Das Haus auf dem Kennedyplatz blickt auf eine lange Geschichte zurück. 1952 eröffnete es als Amerikahaus. 1964 wurde es als Kennedyhaus betitelt und diente als provisorisches Rathaus. Es gab Überlegungen, ein Kulturzentrum entstehen zu lassen. Diese Idee stammte von dem verstorbenen Theaterring-Chef Friedel Hanster, der sich für einen besseren kulturellen Austausch in Essen einsetzte.
1987 war noch das Haus Industrieform mit seinen Ausstellungen dort untergebracht, das aber umziehen wollte. Das Kulturzentrum sollte nach Hansters Vorstellungen eine Karten-Vorverkaufsstelle, eine Theaterbibliothek und ein Café beherbergen. Mit der Übernahme der Brüder Christian und Ludger Stratmann kam ein ähnliches Konzept zustande. Sie eröffneten 1994 im umgetauften Europahaus Stratmanns Theater mit einer Gastronomie, heute Leos Casa. Das Gebäude steht seit 1991 unter Denkmalschutz.
Das Gutschein-Verkauf für kommende Veranstaltungen ist angelaufen. Sie sind drei Jahre gültig. Zu erwerben unter Stratmann.de