Essen. Die Jahresabschlussbilanz des Theaterbetriebes „Theater und Philharmonie Essen“ (TuP) sorgt für Ernüchterung: Die Sparmöglichkeiten sind ausgeschöpft, die Rücklagen gehen zur Neige, neue Millionenlöcher tun sich auf. Ohne eine Korrektur des Kürzungs-Kurses droht 2014/15 die Überschuldung.

Wer will da noch an Zufall glauben? Im Grillo-Theater steht „Der Geizige“ auf dem Spielplan, und im Aalto tanzen sie Queen: „The Show Must Go On“. Ja, das muss sie, aber wie? Trotz diverser Streichkonzerte unterm Dach von „Theater und Philharmonie“ (TuP) will und will er einem nicht aus dem Ohr, dieser mal lauter, mal leiser klingende Tinnitus einer Stadt, die aus dem letzten Loch pfeift.

In diesen Tagen vernimmt man ihn auf den Bühnen von Aalto, Grillo und Saalbau wieder mal besonders schrill, weil die große Kunst sich an jenen Zahlenkolonnen messen lassen muss, die der TuP-Jahresabschluss bereit hält. Und da macht sich einige Ernüchterung breit.

Die Sparideen gehe aus

Denn obwohl Theater und Philharmonie in den vergangenen sechs Spielzeiten Tariferhöhungen in einer Größenordnung von rund 4,2 Millionen Euro aufgefangen und mehr noch, den Fehlbetrag sogar zusätzlich um 3,1 Millionen Euro gesenkt haben, ist das Finanzierungs-Problem nicht vom Tisch, im Gegenteil.

Denn während Löhne und Gehälter auch in den kommenden Jahren absehbar steigen dürften, gehen den Verantwortlichen langsam aber sicher die Sparideen aus. Dabei soll der Zuschuss der Stadt im kommenden Jahr sogar noch spürbar sinken. Ein Ding der Unmöglichkeit, so scheint es.

Kapitalrücklagen neigen sich dem Ende zu

In der laufenden Saison lässt sich das größte Drama noch verhindern, einer Kapitalrücklage von rund 1,9 Millionen Euro sei Dank. Doch schon kurz nach dem Start der Spielzeit 2014/15 dürften die Mittel aufgebraucht sein, „ein Betrieb der TuP wie bisher (fünf Sparten – hohes künstlerisches Niveau – keine betriebsbedingten Kündigungen) kann somit nicht mehr gewährleistet werden“, heißt es nüchtern in einer Vorlage für den Aufsichtsrat der städtischen Theater-Tochter.

Denn den kalkulierten Ausgaben von 44,3 Millionen Euro im Wirtschaftsplan der kommenden Spielzeit steht ein im Etat auf etwa 38,5 Millionen Euro gedeckelter Zuschuss gegenüber. Das ergibt einen Fehlbetrag von 5,8 Millionen Euro.

Der stiege ohne einschneidende Veränderungen bei Theater und Philharmonie in den drei darauffolgenden Spielzeiten bis auf rund 8,1 Millionen Euro an. Selbst wenn das im November 2012 auf 41,7 Millionen Euro angehobene Budget fortgeschrieben würde – schon damals eine Ausnahme im Kreis der anderen unterm Sparkurs ächzenden Fachbereiche – stiege der Fehlbedarf bis 2017/18 auf 4,9 Millionen Euro an.

TuP teilt ähnliches Schicksal wie Sport- und Bäderbetrieben

Diese Summe lässt sich nicht mehr irgendwo galant herauskürzen, ohne dass man’s merkt, da geht es „Theater und Philharmonie“ offenbar wie den Sport- und Bäderbetrieben, die erst vor wenigen Tagen angesichts der „unerfüllbaren“ Sparvorgaben die Waffen streckten.

Was bei den Sportlern einen drastischen Personalabbau, eine Vervielfachung der Gebühren oder mehrere geschlossene Bäder bedeuten müsste, führt bei der TuP zu einer ähnlichen Drohkulisse: Das Aus für eine oder gar mehrere Sparten und ein drastischer Personalabbau, der an betriebsbedingten Kündigungen kaum noch vorbeikäme, denn „altersbedingt scheiden nach derzeitigem Stand bis Ende 2015 wenige Mitarbeiter aus“, hieß es jetzt im Aufsichtsrat.

"Es wird von jetzt an teurer"

Für die Politik kommt all dies keineswegs überraschend: Schon im Frühjahr vergangenen Jahres hatte TuP-Geschäftsführer Berger Bergmann ohne große Umschweife deutlich gemacht, dass Theater und Philharmonie nach manchen vielgelobten Sparerfolgen der Vergangenheit am Ende der Fahnenstange angelangt sind: „Wir kommen an einen Punkt, wo man sagen muss: Es wird von jetzt an teurer“, bedauerte der Kulturmanager damals und hat, wenn man so will, Wort gehalten.

Das war auch nicht schwer vorherzusagen, denn als personalintensive Einrichtung steht und fällt die Theater und Philharmonie GmbH mit dem Personaletat: Der liegt bei 42,5 Millionen Euro inklusive Sozialabgaben.

Und nun? Das Problem über den Termin der Kommunalwahlen hinauszuschieben wird kaum gehen, die neue Spielzeit will schließlich geplant sein. So wird der alte Rat wohl auf der Zielgeraden noch einmal zur Bühne. Vorhang auf.