Essen. Binnen einer Woche sank die Zahl der Flüchtlinge um 579 auf jetzt 4253. Welche Standorte verzichtbar sind, will die Stadt am Freitag bekannt geben.
Die Stadt will auf den Bau weiterer bisher vorgesehener fester Flüchtlingsunterkünfte verzichten und das bereits reduzierte, erst jüngst vom Rat beschlossene Bauprogramm ein zweites Mal nach unten korrigieren. Das ließ am Donnerstag auf WAZ-Anfrage der Leiter des Amtes für Soziales und Wohnen, Hartmut Peltz, durchblicken. Beschließen muss dies ein Arbeitskreis der Ratsfraktionen, der am Freitag über die Pläne unterrichtet wird. Dann sollen auch die verzichtbaren Standorte genannt werden, die Peltz gestern nicht mitteilen wollte.
Grund für diesen zum jetzigen Zeitpunkt überraschenden Entlastungs-Schritt ist eine weiter rapide sinkende Zahl von Asylbewerbern, die auf städtische Unterkünfte angewiesen sind. Laut neuester Statistik der Stadt ging die Zahl binnen nur einer Woche um 579 Personen auf 4253 zum Stichtag 7. September zurück. „Dass dann auch das Bauprogramm angepasst werden muss, ist selbstverständlich“, sagte Peltz.
Zu viele teure Unterkünfte in Planung
Wie kommt es zu einem solchen Sprung? Peltz zufolge konnten nicht nur viele Flüchtlinge in Wohnungen vermittelt werden, die Stadt habe zudem erst in der vergangenen Woche die Zeit gefunden, ihre eigene Belegungsstatistik um Altfälle zu bereinigen und mit den tatsächlichen Belegungen in den Unterkünften in Einklang zu bringen.
So erklären sich auch auffallende Unterschiede, auf die verschiedene Flüchtlingshelfer bereits vor einiger Zeit hingewiesen hatten. Beispiel Beisekampsfurth in Karnap: Während die Stadt zum Stichtag 31. August von 324 Bewohnern sprach, zählte Michael Schwamborn, der den Runden Tisch dieser Einrichtung leitet, zum selben Zeitpunkt nur 271. Ein Unterschied von über 50 Personen, also keine Kleinigkeit.
Udo Bayer, Fraktionsvorsitzender des Bürgerbündnisses EBB, sieht sich einmal mehr in seine Warnung bestätigt, wonach die Stadt viel zu viele teure Unterkünfte für Flüchtlinge in Planung habe. Vor allem ist Bayer aber sauer darüber, dass die Stadt nicht bereits zur Ratssitzung am 31. August die korrekten Zahlen parat hatte. Das EBB war im Rat mit einem Antrag gescheitert, einen sofortigen Baustopp zu beschließen, damit nicht etwa Bauaufträge an Unternehmen gehen, die dann entweder gar nicht oder nur noch unter großen Verlusten zurückzuholen wären. Bayer sprach von einer drohenden „irrsinnigen Geldverschwendung“.
Stadt: Wir benötigen dennoch Ersatz
Laut noch inoffiziellen Informationen aus dem Rathaus könnte es nun tatsächlich wie vom EBB verlangt darauf hinauslaufen, alle bisher noch nicht erteilten Bauaufträge zu stornieren. Bayer ist dennoch verärgert: „Es ist unglaublich, dass die Verwaltung nicht in der Lage ist, dem Rat rechtzeitig präzise Zahlen zu liefern, damit dieser in einer so wichtigen Angelegenheit richtige Entscheidungen treffen kann.“
Es ist ein offenes Geheimnis, dass nicht wenige SPD-Ratsleute einen Baustopp für richtig hielten, die Fraktionsführung jedoch aus Koalitionstreue gemeinsam mit der CDU den EBB-Antrag abschmettern ließ. „Wir haben die Zahlen nicht absichtlich zurückgehalten“, beteuert Peltz, „wir kannten sie vor einer Woche einfach noch nicht.“
Sind derzeit schon zuviele Aufträge für feste Unterkünfte raus? Nein, sagt Peltz. Man benötige definitiv Ersatz für das Schließen von Provisorien wie diverser Schulgebäude und der teuren Zeltstädte, die nun wie geplant wieder abgebaut werden können. Und die Zahl der Flüchtlinge, die nach Essen kommen, werde zwar weiter sinken, „allerdings nicht mehr in einem derart großen Schritt wie letzte Woche.“