Essen-Kettwig.. Vermutlich nach einem Blitzeinschlag zerschellte am 8. Februar 1988 ein Flugzeug in den Ruhrwiesen zwischen Essen-Kettwig und Mülheim.
In den Ruhrwiesen unweit der Mintarder Ruhrtalbrücke zerschellt am 8. Februar 1988 um kurz nach 8 Uhr der zweimotorige Metroliner D-CABB auf seinem Flug von Hannover nach Düsseldorf. Keiner der 21 Menschen an Bord, 19 Passagiere und zwei Besatzungsmitglieder, überlebt das schreckliche Unglück.
Vor 30 Jahren ereignete sich der Absturz der Propellermaschine – die Erinnerung daran ist bei vielen Kettwigern noch wach. Klaus Stichel ist seit über 40 Jahren bei der Freiwilligen Feuerwehr Kettwig, mittlerweile als Gesamt-Löschzugführer. An den 8. Februar 1988 erinnert er sich genau: „Ich kam aus der Haustür und war auf dem Weg zur Arbeit, als ich den Knall hörte. Und wenig später auch die ersten Signalhörner.“
Feuerwehr Kettwig wurde nach Flugzeugabsturz nicht alarmiert
Auf einen Einsatzbefehl wartete er aber vergebens, denn „alle umliegenden Wehren wurden alarmiert, nur wir Kettwiger nicht.“ Warum das so war, weiß er bis heute nicht. „Ich habe dann erst in der Mittagspause erfahren, was passiert war.“
Am Morgen des 8. Februar 1988 tobte zum Zeitpunkt des Absturzes über Kettwig ein gewaltiges Wintergewitter mit Blitz, Donner, heftigem Schneefall und Graupelschauern. Mit hoher Wahrscheinlichkeit, so die ermittelnde Staatsanwaltschaft, war ein Blitzschlag die Ursache für das Unglück.
Pilot riss die Maschine über Wohngebiet plötzlich hoch
Das elektrische Bordsystem soll lahmgelegt worden sein – rund 15 Sekunden dauert das Umschalten auf Notstromversorgung. Wohl ein zu langer Zeitraum.
Für die Kettwiger Stadtteil-Zeitung hatte damals Sabine van Triel berichtet, sie schrieb von einem „unbeschreiblichen Knall und einem gleißenden Feuerschein“ und davon, „dass nach Zeugenaussagen das Flugzeug über dem Wohngebiet Ickten die Wolkendecke durchbrach und der Pilot die Maschine ruckartig wieder hochzog, als sie den Häusern bedrohlich nahe kam“. Damit hatte der 36-jährige Ralf Borsdorf, der gemeinsam mit seiner Co-Pilotin Sibylle Heilmann die Unglücksmaschine steuerte, wohl noch Schlimmeres verhindern können.
Eine gewaltige Detonation - „wie im Krieg“
Zu den damaligen Augenzeugen gehört auch Inge Tübben. Ein Flugzeug sei zweimal über ihr Grundstück am Springberg geflogen. Durch einen Blitz sprangen in ihrem Haus die Sicherungen heraus. Es folgte eine gewaltige Detonation, und „es war wie im Krieg“.
Vom Fenster seines Haus an der August-Thyssen-Straße beobachtete Walter von der Bey das Gewitter. Er glaubte, „einen Kugelblitz gesehen zu haben, der in der Luft stecken geblieben schien. So, als wenn er etwas getroffen hätte“.
Ein hässliches Geräusch, eine Art Donner
Wolfgang Hollender, der 1988 mit seiner Familie in der Kirchfeldstraße wohnte, nutzte den heftigen Schneefall an diesem Morgen, um mit seinem einjährigen Sohn Tobias im Garten einen Schneemann zu bauen. „Plötzlich hörte ich ein hässliches Geräusch, eine Art Donner. Und wenig später aus der Ferne erste Martinshörner.“
Er arbeitete damals als Redakteur beim Kettwig Kurier. „Ich sprang in meinen Wagen und folgte den Einsatzkräften.“ An der Mendener Straße angekommen, hielt ihn die Polizei auf. „Ich hatte meinen Presseausweis vergessen, durfte nicht zur Unglücksstelle“, erinnert er sich. „Das war letztendlich mein Glück – die Bilder hätte ich nicht aus dem Kopf bekommen.“
Bis heute gibt es keine Gedenktafel für die Opfer
25 Jahre später war das Unglück noch einmal ganz präsent. Als Thema im Internet. Im damaligen Forum von WAZ und NRZ wurde unter anderem darüber diskutiert, dass es bis heute an der Absturzstelle keinen Gedenkstein oder eine Gedenktafel gibt. Ein Kommentar dazu: „Dies ist aber an vielen Absturzstellen üblich. Wie zum Beispiel ganz in der Nähe in Dortmund. Am 6. Juni 1996 stürzte auf der Jugendmesse ‘You’ der Hubschrauber der Flugbereitschaft des Bundesministeriums der Verteidigung bei einem Schauflug ab. 13 der 14 Insassen wurden hier leider getötet. An dieser Unglücksstelle befindet sich heute ein Erinnerungsstein für die Opfer“.
Einer der Forums-User schrieb: „Ich war am 12. Februar 1988 an der Unfallstelle. Da war nichts mehr abgesperrt. aber im Prinzip waren nur die großen Teile weggeräumt. Ein Gedenkstein wurde nicht errichtet. In den ersten Jahren konnte man bei Spaziergängen schon mal einen zerzausten Kranz am Zaun finden – das war alles...“.
Flugzeugabsturz in Kettwig: Sensationstourismus an der Unglücksstelle
Direkt nach Beendigung der Aufräumarbeiten wurde die Unglücksstelle an der Mendener Straße schnell wieder freigegeben – aber Mitarbeiter des Ordnungsamtes mussten sie auf Anweisung der Polizei nach gut 24 Stunden erneut weiträumig absperren und Verbotsschilder aufstellen.
Es hatte sich in den Tagen nach dem Absturz ein regelrechter Sensationstourismus entwickelt. Immer wieder kletterten Schaulustige über das Absperrband, ignorierten die Schilder, waren mit Kameras unterwegs, stocherten im lehmigen Boden. Damals wie heute unfassbar: Selbst Familien mit kleinen Kindern hatten die Absturzstelle zum Ziel eines Wochenendausflugs gewählt.
Entlang der Mendener Straße herrschte ein Parkchaos, Neugierige aus dem gesamten Ruhrgebiet waren zur Unglücksstelle gekommen. Uwe Klein, damals Sprecher der Essener Polizei: „Wir sind erschüttert darüber, wie sich die Schaulustigen von Beginn an aufgeführt haben.“