Essen.. Im Schadenersatz-Prozess um Ex-Arcandor-Chef Thomas Middelhoff lehnt dessen Anwalt die Zahlung von drei Millionen Euro ab. Diese Summe hatte das Essener Landgericht als Vergleichsvorschlag genannt. Middelhoff wird vorgeworfen, Arcandor trotz Pleite ausgenommen zu haben - u.a. mit Privatflügen und teurem Wein.
Ex-Arcandor-Chef Thomas Middelhoff muss um drei Millionen Euro bangen. Diese Summe sieht das Landgericht Essen in einem Vergleichsvorschlag als angemessenen Schadenersatz für den Insolvenzverwalter an, der den Manager sowie sieben Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder des pleite gegangenen Essener Konzerns auf insgesamt 24 Millionen Euro wegen ungerechtfertigter Zahlungen verklagt hatte.
Obwohl Middelhoff nicht selbst erschien, waren die Pressesitze im großen Schwurgerichtssaal des Landgerichtes voll besetzt. Immerhin sollte öffentlich erörtert werden, ob die Konzernspitze das bereits kriselnde Unternehmen mit Sonderzahlungen und der Finanzierung von Luxusgütern ausgenommen hatte. Am Montagmorgen machte zudem die Nachricht aus dem „Focus“ die Runde, dass Middelhoff sich den Abschied von Arcandor in weit höherem Maß vergolden lassen wollte, als bisher bekannt geworden ist.
Flüge für jährlich 800 000 Euro im eigens angemieteten Charter-Jet
In einem angeblich von der Staatsanwaltschaft Köln beschlagnahmten siebenseitigen Papier soll der 58-Jährige kurz vor seinem Ausstieg 2009 seine Ansprüche an das Unternehmen skizziert haben. Da geht es zum Beispiel um 30 Millionen Euro Handgeld für den Wechsel zu Arcandor, um die Übernahme von Kosten für Handy, Sekretärin und Dienstwagen. Bei seinem früheren Arbeitgeber, dem britischen Finanzinvestor IVC, seien ihm durch den Wechsel zu Karstadt-Quelle nämlich 60 Millionen Euro entgangen. Außerdem klagt er in den handschriftlichen Aufzeichnungen, dass sein Ansehen durch das Essener Engagement Schaden genommen hätte. „Das ist nicht fair“, wird im „Focus“ aus dem Schreiben zitiert.
Betont sachlich legt dagegen Michael Dickmeis, Vorsitzender der 4. Kammer für Handelssachen am Essener Landgericht, die Vorstellungen seiner Kammer dar. 24 Millionen Euro, davon soll allein Middelhoff 16 Millionen Euro tragen, verlangt Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg von der alten Führungsspitze. Er führt aus seiner Sicht ungerechtfertigte Zahlungen von Sonder-Boni und Abfindungen in Millionenhöhe an, Flüge für jährlich 800 000 Euro im eigens angemieteten Charter-Jet, ein Essen für Geschäftsfreunde und deren Ehepartner in St. Tropez sowie eine Magnum-Rotweinflasche für 2200 Euro an.
Anspruch auf 3,9 Millionen Euro Abfindung
Bei den übrigen Ausgaben - Charterflüge, Blumengestecke, Wein und Geschäftsessen - wolle das Gericht nur prüfen, ob sie dienstlich veranlasst seien, führte Dickmeis weiter aus. Das sei in diesen Punkten wohl der Fall. Anders wertet die Handelskammer aber die 150 000 Euro teure Festschrift zum 70. Geburtstag von Mark Wössner, dem früheren Ziehvater von Middelhoff bei Bertelsmann. Viele schmeichelnde Worte über Wössner enthalte das Geschenk, auch Middelhoffs Name tauche auf, nur den Namen „Arcandor“ hat das Gericht auf keiner Seite des Buches entdecken können. Deshalb sei auch kein Interesse des Unternehmens zu erkennen, dieses Werk zu finanzieren.
Abschließend unterbreitet die Kammer den Parteien einen Vergleichsvorschlag. Statt der 24 Millionen Euro sieht das Gericht einen Schadenersatz von zehn Millionen Euro als angemessen an. Drei Millionen davon müsste Middelhoff zahlen. Dickmeis weist auf eine umfangreiche und langwierige Beweisaufnahme mit vielen Zeugenvernehmungen hin, falls der Vergleich abgelehnt werde. Hans-Gerd Jauch, der mittlerweile die Insolvenzverwaltung von Görg übernommen hat, stimmt spontan zu. Hinterher lobt er die „hoch professionelle Arbeit“ des Essener Gerichtes. Doch die Gegenseite winkt ab. Middelhoff-Anwalt Winfried Holtermüller sagt, er lehne den Vergleich ab.