Essen. Das Forschunsgprojekt „Sichere Ruhr“ erarbeitet Empfehlungen zum Schwimmen in Ruhr und Baldeneysee. Bei einem Workshop in Essen-Werden zeigte sich jetzt, wie groß die Sehnsucht nach dem Naturbaden ist. Unter anderem stehen ein Ampelsystem für Gewässerqualität und eine Naturbadestelle am Essener Seaside Beach auf der Ideen-Liste.
Der Traum vom Baden in Baldeneysee und Ruhr könnte in absehbarer Zeit wahr werden. Im Projekt „Sichere Ruhr“ erarbeiten Wissenschaftler, unter welchen Bedingungen das strikte Badeverbot gelockert werden könnte. Dazu untersuchen sie nicht nur die Wasserqualität an Messstellen von Steele bis Mülheim-Styrum. Im Rahmen eines Workshops am Wochenende fragten sie Bürger, welche Erwartungen sie ans Badegewässer Ruhr haben.
„Seit gut einem Jahr entnehmen wir Proben bei unterschiedlichen Wetterlagen und untersuchen sie auf Bakterien, Viren, Parasiten“, erklärt Wolf Merkel, Sprecher des Projekts „Sichere Ruhr“. Nun würden die Daten ausgewertet und analysiert, was man zur besseren Reinhaltung tun könne. Verunreinigungen gebe es durch Abwässer, Gülle oder Regenüberläufe, aber auch durch das Vogelschutzgebiet: „Vögel benutzen keine Dixie-Klos.“
Zur Halbzeit des auf drei Jahre angelegten Projekts wollten die Forscher nun herausfinden, wie groß das Interesse der Bevölkerung am Baden in der Ruhr ist. Fast 40 Interessierte nahmen sich dafür Freitag und Samstag Zeit: Angler, Rettungsschwimmer, Gastronomen vom See – und Badefreunde jeden Alters kamen zum Workshop nach Werden: Rentner, die sich an ihre Kindheit erinnern, „als wir schwarz aus der Ruhr stiegen“. Eltern, die Gesundheitsrisiken scheuen und eine Badeaufsicht fordern. Puristen, die kein Strandbad wollen, sondern den Sprung in die Ruhr. „Wenn ich mich in der Natur bewege, gibt es immer ein Restrisiko“, sagt eine junge Frau. „Mir kann auch ein Ast auf den Kopf fallen.“
Keine Konkurrenz zu den Freibädern
So entspannt sieht das nicht jeder, doch alle Teilnehmer eint, dass sie sich mit dem derzeitigen Badeverbot nicht abfinden mögen. Essens Umweltdezernentin Simone Raskob spricht von der „tiefen Sehnsucht des Großstädters nach diesem Naturerlebnis“. Sie glaube nicht, dass mit der Lockerung des Verbots eine Konkurrenz zu den Freibädern entstehe: „Wer in der Natur badet, hat andere hygienische Standards.“
Und es gebe schon heute Stellen an der Ruhr, wo die Grenzwerte der Badewasser-Richtlinie unterschritten werden, sagt Prof. Norbert Jardin vom Ruhrverband. „Allerdings nur bis zum nächsten Gewitter.“ Ein Ampel-System, dass das Schwimmen von aktuellen Wasserwerten abhängig macht, könnte hier helfen.
„Wir geben nur Empfehlungen. Die Entscheidung wird am Ende eine politische sein“, sagt Wolf Merkel. Umweltdezernentin Raskob etwa hatte lange für ein Badeschiff nach Berliner Vorbild geworben – vor dem Seaside Beach am Baldeneysee: „Doch das Schiff passt nicht durch die Schleusen und ein Transport über Land wäre zu teuer.“ Nun wirbt Raskob für eine Naturbadestelle auf dem Seaside-Gelände: „Die könnte mit erst Grundwasser gefüllt werden. und wenn ein Okay fürs Ruhrbaden kommt, öffnet man das Becken zum See.“ Auch Seaside-Pächter Holger Walterscheid ist offen für die Idee. Schon 2014/15 könnte hier gebadet werden.
Projekt "Sichere Ruhr" läuft bis Ende 2014
Das vom Bundesforschungsministerium geförderte Projekt „Sichere Ruhr“ hat Anfang 2012 seine Arbeit aufgenommen und ist auf drei Jahre angelegt. Zehn Partner – wie die Universitäten Bochum sowie Duisburg-Essen, der Ruhrverband und das in Mülheim ansässige Rheinisch-Westfälische Institut für Wasserforschung (IWW) – erarbeiten bis Ende 2014 eine Empfehlung zum Baden in Ruhr und Baldeneysee.
18 Monate lang werden an acht Messstellen zwischen Steele und Mülheim-Styrum alle zwei Wochen Wasserproben entnommen und auf Schadstoffe und Erreger untersucht. Mitte 2013 könnten die Daten so ausgewertet sein, dass erste belastbare Aussagen zur Wasserqualität möglich sind.
Daneben befasst sich das Projekt damit, wo und unter welchen Bedingungen Baden erlaubt werden könnte und welche Kosten das verursacht. Bei dem Workshop in Werden konnten jetzt die Bürger ihre Ideen einbringen. Am Ende soll das mit 3,4 Millionen Euro geförderte Projekt Sichere Ruhr auch einen „Leitfaden Flussbaden“ entwickeln, der europaweit anwendbar ist.