Essen. Entgegen anderer Erwartungen beherrscht der Pferdefleisch-Skandal derzeit nicht die Arbeit an den Frischetheken der Essener Supermärkte. Die fehlende Auszeichnung der Fleischherkunft löst bei den Kunden den Trend aus, wie mehr selbst zu kochen. Fertiggerichte mit Hack stehen nicht hoch im Kurs.
Die Kunden sind wegen des Pferdefleisch-Skandals nachdenklich. Dennoch vertrauen viele ihrem Supermarkt. Nur das Tiefkühl-Nudelgericht bleibt liegen.
„Hier, bitte schön, Ihr Geflügel. Darf es noch etwas sein?“ „Dreiviertel Pfund Gehacktes und ein Stück fetten Speck.“ Freitag, 15.50 Uhr an der Fleischtheke im Frintroper Supermarkt „Plassmann“: Alles ganz normal, die Diskussion um Pferdefleisch im Hack ist hier und an den anderen Kühltheken in Essen scheinbar nicht angekommen. Allerdings macht man sich schon Gedanken um das, was auf dem Teller landet.
Wenig Nachfragen
„Unsere Mitarbeiter werden von den Kunden nicht auf die Herkunft des Fleisches angesprochen, das ist überhaupt kein Thema“, sagt Supermarkt-Inhaber Dirk Plassmann. Er führt einen der wenigen freien Märkte in der Stadt, viele Menschen kommen seit Jahrzehnten zu ihm. Seine Kundin Angelika Bruns (64) gibt ihm Recht. „Ich kaufe hier schon mein Leben lang ein. Da ist einfach eine Menge Vertrauen vorhanden“, stellt die 64-Jährige fest.
Doch auch bei den „Großen“ scheint das Pferd im Fleisch kein Topthema an der Frischetheke zu sein. „Es fragt mal einer nach, aber die Verbindung zum frischen Fleisch wird nicht gezogen. Klar, dass jetzt auch die anderen Tiefkühl-Lasagnen wie Blei im Regal liegen“, berichtet Manfred Burkowski, der drei Edeka-Märkte u.a. in Altendorf und Bochold führt. Kai Scholand betreibt den Rewe im Limbecker Platz: „Das ist bei den Kunden sicherlich ein Thema, aber nachgefragt wird selten.“
Viele kochen wieder mehr selbst
Damit hat er ganz gut die momentane Haltung bei den Verbrauchern erfasst. Spuren hinterlässt die Diskussion bei vielen schon. „Ich nehme das ernst. Aber jetzt kaufe ich einfach weniger Fertigprodukte und koche wieder mehr selbst“, berichtet Charlotte Hasenjäger. Frische Lebensmittel und selbst zubereiten ist für viele Kunden die Antwort.
Schnellgerichte mit Hack stehen momentan nicht besonders hoch im Kurs – selbstgemachte Lasagne allerdings wohl: Kathrin Krüßmann haben wir überrascht, als sie sich eine Lasagne-Tütensoße in den Einkaufswagen legte. „Lasagne mag ich gerne und die kommt heute Abend in den Ofen. Man kann die Diskussion auch übertreiben: Wahrscheinlich war das Pferd noch der gesündeste Bestandteil im untersuchten Fleisch“, sagt sie und muss grinsen.
Fleisch ist zu billig
Den Glauben ans Fleisch an sich haben viele der Befragten nicht verloren. An die verarbeitende Industrie, vor allem die im Niedrigpreis-Sektor, aber schon. Christian Fehrs: „Das Fleisch ist viel zu billig geworden, es sollte einen gewissen Preis haben. Es ist doch toll, wenn es von einem lokalen Bauern kommt.“