Essen/Mülheim.. Der Chef des Flughafens Essen/Mülheim, Reiner Eismann, gönnte sich eigenmächtig ein teures Auto - und schlug Mülheims Oberbürgermeisterin zuvor eine Verschleierungsstrategie vor. Die ist nun stinksauer: „Das war so nicht abgesprochen“, sagte Dagmar Mühlenfeld auf Anfrage.
In einem Betrieb zu arbeiten, den die Eigentümer dichtmachen wollen, ist kein reines Vergnügen und so wusste Reiner Eismann den Dienstag dieser Woche durchaus zu würdigen. Da funkelte dem Geschäftsführer des Flughafens Essen/Mülheim der neue Dienstwagen auf dem Hof entgegen, frisch angemeldet, ein recht eleganter Lexus 450, halb Benziner, halb Elektroauto, in 5,9 Sekunden von 0 auf 100. Die Freude an dem Gefährt verflog dann ähnlich zügig. Am Donnerstag, keine 48 Stunden später, hatte Eismann bereits seine Aufsichtsratsvorsitzende, Oberbürgermeisterin Dagmar Mühlenfeld, bis zur Zornesröte beschleunigt und sagte Sätze wie „Das stehe ich auch noch durch“ und „Ich habe ein Recht auf das Auto“; womit er recht und unrecht zugleich hat. Die Geschichte dieses Gefährts, sie ist eine Schnurre Marke Mülheim - mit unabsehbaren Folgen.
Der Eindruck macht die Brisanz
Die Grünen empörten sich jedenfalls flugs über Eismanns Tapsigkeit und erinnerten daran, dass der Flughafen jedes Jahr über 600 000 Euro Miese einfliege. Ein 250-PS-Auto sei da „maßlos“ und allemal das falsche Signal. Die CDU sieht Gelegenheit, sich als Sparer-Partei zu profilieren, geht Eismann hart an und will nun gleich alle Dienstwagen aller Stadtbediensteten und Geschäftsführer auf den Prüfstand stellen. Auch SPD-Fraktionschef Dieter Wiechering hält die Anschaffung für „völlig daneben“ und ahnt schon, dass jetzt unschöne Debatten beginnen werden. Dabei fing alles so harmlos an...
Seit Eismann die Geschäfte am Flughafen führt, fährt er einen Dienstwagen, der ihm vertraglich zugesichert ist und an dem, wie er selbst sagt, „nie jemand Anstoß genommen hat“. Zwei Mal war es eine C-Klasse von Mercedes, zuletzt ein Audi A4. Die Autos mit dem Stern waren gekauft, der Audi geleast. Nachdem die betriebswirtschaftlich sinnvolle Lebenszeit ablief und der Tachostand über 110000 Kilometer hochgeschnellt war, wollte Eismann im vorigen November ein neues Fahrzeug bestellen - und machte dabei zwei Fehler. Der erste: Er gedachte statt einer Limousine einen Geländewagen (SUV) zu nehmen, wieder von Audi, den Q5. Die Begründung, die er Mühlenfeld in einer Mail schriftlich mitlieferte: Er habe „Rücken“, in den Q5 könne er besser einsteigen.
Diese, nun ja, Rückendeckung verwehrte ihm der zahlenfuchsige Chef der städtischen Beteiligungsholding, Dönnebrink. Der Q5 sprenge die Autoklasse aus Eismanns Vertrag, wenn auch nur um einige Tausender, und sei vor allem optisch größer. Im Klartext: Der Eindruck macht die Brisanz aus in einer Stadt, die sich kleiner setzen muss. Eismann möge daher „was Dezentes“ machen, so lautete die Ansage, die auch bei der Aufsichtsratsvorsitzenden so abgespeichert und ad acta gelegt worden war.
Was weder Mühlenfeld, noch Eismann ahnten: Die vertrauliche Mail des Flughafengeschäftsführers an die OB ist auf unbekannten Wegen breit lanciert worden. So bekommt der zweite Lapsus, der Eismann unterlief, plötzlich Gewicht. Der 59-Jährige ging in dem Schreiben von November irrtümlich davon aus, sein alter A4 wäre gekauft worden und stellte es nun als Vorteil dar, dass er das neue Fahrzeug leasen wolle - weil so „eine Diskussion um gerade in der Kritik stehende Investitionsvorhaben“ vermieden werden könne. Die Beteiligungsholding bucht die Passage unter „Quatsch“ ab, weil seit 2007 schon kein Wagen mehr gekauft worden ist. Wer mag, liest aus den Zeilen heraus, Eismann habe seinen Dienstwagen verschleiern wollen. Die CDU mag. Von einer „Ungeheuerlichkeit“ spricht Aufsichtsratsmitglied Frank Wagner.
Wozu noch einen Geschäftsführer?
Eismann behält dennoch seine ganz eigene Sicht auf die Dinge. Er kann an dem Lexus nichts finden, im Gegenteil, er habe lange gebraucht einen Wagen zu finden, der „etwas innovativ“ ist und dieselbe Leasingrate kostet wie der A4: 269 Euro. „Was ist daran schlimm?“, fragt er. Die Antwort gibt ihm seine Aufsichtsratsvorsitzende, diesmal sogar öffentlich. Ein Lexus sei ein Lexus und eben weder ein A4 noch übermäßig dezent. „Das war so nicht abgesprochen“, sagte Mühlenfeld auf Anfrage, kündigte eine Überprüfung an und vielleicht sogar die - recht kostspielige - Rückabwicklung des Leasingsvertrags. Von Konsequenzen für Eismann selbst wollte sie nichts wissen.
Die könnten sich ohnehin von ganz allein ergeben. 2013 läuft Eismanns Vertrag aus und auch ohne Dienstwagen-Dilemma wäre eine Verlängerung zumindest keineswegs ausgemacht gewesen. Noch in diesem Jahr muss politisch entschieden werden, wann und wie der Ausstiegsbeschluss zum Flughafen umgesetzt wird. Geben die Gutachten, die ohne Not von Geheimnissen umweht sind, eine realistische und kostengünstige Variante her, hätte sich die Frage nach einem Geschäftsführer und dessen Laufzeit ohnehin gestellt. Jetzt stellt sie sich auch, nur lauter, lärmender, gleichsam wie im Auto-Pilot auf der Krawallschiene. In Mülheim ist wirklich nichts unmöglich.