Essen. Essen erwägt eine Steuer „auf entgeltliche und gewerbsmäßige sexuelle Vergnügungen“. Erfahrungen aus Duisburg zeigen: Das lohnt sich. 26 Betriebe und dazu ein gutes Dutzend „freischaffende“ Prostituierte bescheren dem Duisburger Stadtsäckel in diesem Jahr Einnahmen von rund 688.000 Euro.
Man könnte die beiden Internet-Formulare aus Duisburg für einen frivolen Scherz halten. Sind sie aber nicht.
Denn seit 2010 wird das „älteste Gewerbe der Welt“ in der klammen Nachbarstadt in eine bürokratische Form gepresst, auf dass man dort davon profitiere. Wer also einerseits „die gezielte Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen“ bietet oder andererseits „das Angebot sexueller Handlungen gegen Entgelt“ macht, der muss dort Steuern zahlen.
Sechs Euro werden für Prostituierte an jedem „Veranstaltungstag“ fällig – „unabhängig von der tatsächlichen Inanspruchnahme und der Anzahl der sexuellen Handlungen“. Und bei Bordellen und Bars, Sauna- und Swingerclubs sind 6,50 je Quadratmeter „Veranstaltungsfläche“ zu berappen.
Sexsteuer auf der Tagesordnung
Der Blick in die Nachbarschaft, er lohnt in diesen Tagen deshalb, weil auch Essen erwägt, einen neuen Anlauf für eine so genannte „Sexsteuer“ zu nehmen. Kommenden Dienstag steht die „Einführung einer Steuer auf entgeltliche und gewerbsmäßige sexuelle Vergnügungen“ auf der Tagesordnung des Finanzausschusses.
Es ist beileibe nicht der erste Anlauf: Schon 2010 waren die Finanzexperten im Rathaus auf den Trichter gekommen, es Köln gleich zu tun und die Mitarbeiter des horizontalen Gewerbes zur Kasse zu bitten. Am Ende wurde das Thema verworfen und stattdessen eine Solariums-Steuer beschlossen, die nach jahrlanger Hin- und Herprüferei im Land ungenehmigt blieb.
Nneue Begehrlichkeiten
Die Sexsteuer hingegen ist genehmigt: Köln hat sie, Oberhausen und Duisburg auch, um nur die großen Städte zu nennen. Und wer mit Wolfgang Jankowski vom Duisburger Amt für Rechnungswesen und Steuern spricht, der ahnt, dass auch in Essen neue Begehrlichkeiten entfacht werden könnten.
Denn nachdem man in Duisburg manche juristische Hürde aus dem Weg geräumt und nach einer bitteren Niederlage vor Gericht auch den Bemessungsmaßstab geändert hat, sprudelt der Quell beachtlich: 26 Betriebe und dazu ein gutes Dutzend „freischaffende“ Prostituierte bescheren dem Duisburger Stadtsäckel in diesem Jahr Einnahmen von rund 688.000 Euro.
Straßenstrich in Duisburg von Steuer ausgenommen
Hinzu kommen Nachzahlungen aus Vorjahren. Zielmarke, so Jankowski, sei ein um Nachzahlungen bereinigter Betrag von etwa 780.000 Euro, mit dem man im Jahre 2016 kalkuliert. Zum Vergleich: Die ins Auge gefasste Wettbürosteuer soll in Essen gerade mal 360.000 Euro im Jahr einspielen.
Das lässt sich durch die Sexsteuer offenbar auch dann spürbar übertreffen, wenn man den Personalaufwand für jene zwei Mitarbeiter abrechnet, die im Steueramt die Veranlagungsfälle bearbeiten. Für Steuerehrlichkeit sorgen zudem angelegentlich Mitarbeiter des städtischen Außendienstes, die nach dem rechten sehen. Essens Stadtkämmerer Lars Martin Klieve schätzt denn auch, dass eine Essener Sexsteuer unterm Strich 500.000 Euro bringen könnte. Ausgenommen von der Steuerpflicht ist in Duisburg übrigens der Straßenstrich.
Ob die Politik das mitträgt, wird sich zeigen. Der Bund der Steuerzahler NRW ist nicht sonderlich begeistert.