Essen. Ein Urlaubsparadies ist Israel momentan nur für die wenigstens. Einer der trotz der Kämpfe im nahen Gaza-Gebiet seine Verbundenheit zu Jerusalem nicht verloren hat, ist Pfarrer Sven Goldhammer aus Kettwig. Und so ließ er sich auch nicht davon abhalten, in der Heiligen Stadt seine Ferien zu verbringen.
Für die meisten Menschen gibt es in diesen Tagen wohl schönere Urlaubsziele als Israel. Doch inmitten des vorläufigen Höhepunktes der Kämpfe zwischen dem israelischen Militär und der palästinensischen Terrorgruppe Hamas, bestieg der Kettwiger Pfarrer Sven Goldhammer ein Flugzeug in Richtung Jerusalem - eine Stadt, die ihn seit der Studienzeit immer begleitet hat und trotz des Krieges nicht mehr los lässt: „Es zieht mich einfach immer wieder dort hin“, sagt der Geistliche, der der Kirchengemeinde St. Peter und Laurentius vorsteht.
Drei Wochen seines Urlaubs verbrachte Goldhammer im Heiligen Land. Er erlebte Bombenalarme und Ausschreitungen auf den Straßen, er äußert Unverständnis wegen der brutalen israelischen Kriegführung in Gaza, aber auch Verständnis für eine jüdische Bevölkerung, die seit Jahrzehnten unmittelbar mit Terroraktionen überzogen wird. Und er gesteht, dass ihm die wahre Bedrohung erst in einer Waschküche in Tel Aviv bewusst wurde.
Luftalarm während eines Spazierganges
Ein wirklicher Jerusalem-Tourist ist der 44-jährige gebürtige Velberter nicht. Zwischen 1995 und 1996 studierte er ein Jahr lang an der dortigen Universität. Als die israelische Armee Anfang Juli ihrer Offensive gegen die Hamas begann, bezog Goldhammer sein Urlaubsquartier: das deutsche Paulushaus, unmittelbar in Sichtweite der großen Stadtmauer. „Es war eine angespannte Situation, als ich ankam. Doch in der Stadt selber fühlt man sich relativ sicher.“ Während er auf dem Dach des Paulushauses den Ausblick auf die glänzenden Dächer Jerusalems genoss, trübten allerdings Rauchwolken in der Ferne das Postkartenmotiv: Es ist ein Leben zwischen realer Bedrohung und Irrealität.
„Irrealität“, ist der Begriff, den Goldhammer im Gespräch mit dieser Zeitung verwendet, wenn er Situationen wie diese beschreibt: Bei einem Spaziergang durch die Straßen ertönte ein Luftalarm. „Die Menschen halten kurz inne, dann kommt eine Explosion und das Leben geht den gewohnten Gang.“
Zuflucht in einer Waschküche
Weitere irreale Momente folgten: „Die Palästinenser in Jerusalem jubelten bei jedem Raketeneinschlag.“ Sie demonstrierten mit Steinen und Feuerwerkskörpern. Die israelische Polizei antwortete mit Härte. Alles nur schwer zu verstehen für den Kirchenmann.
Was Goldhammer allerdings schnell verstand, war die Zurückhaltung der Israelis mit Kritik an dem militärischen Vorgehen der eigenen Regierung: „Zu Beginn meines Aufenthaltes habe ich mit Leuten gesprochen, die sich sehr wohl kritisch geäußert haben.“ Doch die Stimmung schwenkte um, je mehr Raketen aus dem Gaza-Streifen die israelischen Städte trafen „Die Proteste haben sich unter der reallen Bedrohung verflüchtigt.“
Waffen schweigen seit Sonntag
Wie real die Bedrohung ist, bekam Goldhammer bei einem Ausflug nach Tel Aviv zu spüren. Gerade noch am Strand, die heiße Mittelmeersonne über sich, fand sich der Pfarrer nur kurze Zeit später auf der Suche nach einem Unterschlupf wieder. Erneut ertönte der Luftalarm, Goldhammer suchte mit anderen Menschen Zuflucht in einem Hotel: „Die haben die Türen geöffnet und uns in die Waschküche verfrachtet.“
Nun schweigen die Waffen seit Sonntag. Goldhammer: „Nach großen Katastrophen – und der Krieg dort ist eine solche – kommen immer auch Möglichkeiten.“ Eine solche zur Versöhnung gibt es auch jetzt: „Der Wille zum Frieden ist da. Doch die Menschen müssen endlich lernen, zusammen zu leben.“