Essen. Das erste von zehn Essener Zeltdörfern wird abgebaut, die Bewohner ziehen am 8. August in eine feste Unterkunft um. Weitere Flüchtlingsstädte folgen.

Ein knappes Jahr nach seinem Aufbau wird das Zeltdorf am Altenbergshof im Nordviertel jetzt abgebaut. Die ersten 32 Bewohner waren am 27. August 2015 in die Unterkunft gezogen, die von Anfang an als Notbehelf gedacht war. Derzeit leben dort 333 Flüchtlinge, die am 8. August in eine angemietete Immobilie mit 400 Plätzen in Bergerhausen umziehen sollen. Beim Betreuer-Team sorgt die beginnende Abwicklung der insgesamt zehn Zeltdörfer für Unruhe, denn manche Stelle wird nun eingespart.

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Dem Vernehmen nach kann nur ein Drittel des Personals weiterbeschäftigt werden, obwohl die Firma European Homecare (EHC), die die Zeltdörfer betreibt auch den Zuschlag für das neue Heim in Bergerhausen bekommen hat. „Ein Teil der Mitarbeiter bekommt Angebote für andere Einrichtungen, aber wir können nicht die gesamte Belegschaft halten“, bestätigt EHC-Sprecher Klaus Kocks. Zur Größenordnung des Personalabbaus äußere sich EHC nicht.

Betreiber baut Stellen ab

Bundesweit war in den Hochzeiten der Flüchtlingskrise rasant Betreuungs- und Sicherheitspersonal eingestellt worden, zum Teil mit eher geringer fachlicher Qualifizierung und oft nur über Zeitverträge. Nun, da die Flüchtlingszahlen deutlich zurückgehen, trennen sich viele Arbeitgeber von weniger geeigneten Mitarbeitern oder lassen befristete Arbeitsverhältnisse auslaufen. EHC setze nicht nur auf den Weggang befristeter Mitarbeiter, sagt Kocks: „Es müssen auch Verträge gekündigt werden.“

Kontinuität soll es übrigens bei den Ehrenamtlichen geben. „Wir haben uns bereits mit dem Runden Tisch in Bergerhausen zusammengesetzt und wollen uns auch an dem neuen Standort gern einbringen“, sagt Jens Wientapper, der am Altenbergshof mit rund 20 Mitstreitern Deutschunterricht, Kinderbetreuung und sportliche Aktivitäten organisiert hat.

Der Abbau der Flüchtlingsstädte vollzieht sich derweil fast ebenso rasant wie deren Aufbau: Mitte August wird auch das Zeltdorf an der Planckstraße in Holsterhausen geräumt. Dort leben derzeit 210 Menschen, die in eine gemietete Unterkunft an der Münchener Straße umziehen werden. „Zunächst gibt es dort 250 Plätze; nach dem Umbau stehen ab Oktober 446 Plätze zur Verfügung“, sagt Thomas Römer vom Amt für Soziales und Wohnen. „Bis Jahresende werden wir sieben Zeltdörfer abbauen.“

Stadt nimmt Abschied von der teuersten Unterkunftsform

Hinter einander stehen Pläßweidenweg in Horst (23.9.), Am Volkswald in Heidhausen (8.10.), Erbslöhstraße in Altenessen (4.11.), Mathias-Stinnes-Stadion in Karnap (11.11.) und Bonifaciusstraße in Schonnebeck (15.11.) an. European Homecare kalkuliert jeweils eine Woche, um die Dörfer freizuziehen. Danach rückt die Zeltbau-Firma zum Abbau an. „Die Zelte sind gemietet, die geben wir zurück an den Eigentümer“, erklärt Kocks. Der dürfte ein hübsches Geschäft gemacht haben: Allein die Zeltkosten für den Standort Stinnes-Stadion sollen monatlich mit 430 000 Euro zu Buche schlagen.

So nimmt die Stadt erleichtert Abschied von der teuersten Unterkunftsform, zumal derzeit nicht mehr 35 Flüchtlinge täglich, sondern nur noch etwa 100 im Monat kommen. Zu dieser Entspannung trägt bei, dass die Bezirksregierung Düsseldorf am 8. Juli mitgeteilt hat, sogenannte Folgeantragsteller ab sofort nicht mehr in die Stadt ihres ersten Asylantrags zurückzuverweisen, sondern in Landeseinrichtungen zu belassen. „Damit wurde eine alte Forderung der Stadt Essen erfüllt“, freut sich Römer. Abgelehnte Asylbewerber, die trotzdem noch in Essener Heimen landen, schickt die Stadt seither sofort weiter: in die Landeseinrichtung auf dem früheren Kutel-Gelände.