„Die Menschen, die ihre Familie verloren haben, bezeichnen sich trotz allem als glücklich, weil sie selbst überlebt haben. Und sie lachen, obwohl sie furchtbare Angst haben“, sagt Yoko Seidel.
Zwei Freunde der ehemaligen Werdener Kantorin, ein deutsch-japanisches Ehepaar, hielten sich zum Zeitpunkt der Katastrophe direkt in Fukushima auf – und sind vermutlich immer noch dort, denn die Evakuierung habe nicht reibungslos funktioniert. „Ich hoffe, dass sie es irgendwie geschafft haben, das Gebiet zu verlassen“, meint Yoko Seidel. Doch das ist bislang unklar, weil die Telefonverbindungen nach Fukushima immer noch gestört sind. „Stattdessen misst man allerorten die Radioaktivität – aber die Behörden schweigen, so wie überall auf der Welt.“
Auch sei der Strom in der Region immer noch ausgeschaltet. Die Japaner selbst ertragen die Atomkatastrophe mit ziemlich großer Ruhe. „Denn es nützt nichts, wenn alle schreien.“ Eigene Reisepläne, nach denen sie in diesem Jahr nach Japan fahren wollte, hat Yoko Seidel erst einmal zurückgestellt.
Seidels japanischer Vater befindet sich derzeit in Nagamo und damit in relativer Sicherheit. Den 30 Kilometer großen Sperrbereich rings um die vier Fukushima-Meiler hält Yoko Seidel für erheblich zu klein. „In dem betroffenen Gebiet fehlt es neben Essen vor allem an Wasser. Mangelware sind aber auch Decken – in Japan schneit es, viele besitzen nur dünne Decken. Unter den Opfern, die alles verloren haben, sind eine Menge älterer Leute und Kinder.“
Japanisches Fernsehen
Dass mit ihrer Heimat ausgerechnet ein Land mit modernster Technologie Ort eines solchen Desasters werden konnte, kommentiert Yoko Seidel mit den Worten, es zeige sich hier einmal mehr, dass die Menschen nicht alles beherrschen könnten. „Ich verfolge jeden Tag die japanischen Sender via Internet. Dort sieht man wesentlich mehr als im deutschen Fernsehen. Die Leute versuchen auf unglaubliche Weise, einander Hilfe zu geben.“
Um auch von Deutschland aus Unterstützung leisten zu können, wuchs bei der jetzt in München lebenden Musikerin rasch der Gedanke, ein Benefizkonzert in Werden zu organisieren. „Wir spielen Musik von Bach. Die Spenden gehen direkt an das evangelische Kirchenzentrum im japanischen Tohoku, von wo aus die Hilfe unmittelbar an die Opfer in der Region Sendai verteilt werden kann. Denn ich meine, wir Christen in Deutschland sollten zusammen mit den japanischen Christen Gutes tun.“