Essener Apotheker haben im großen Stil FFP-2-Masken geordert. Die Gratis-Aktion werde zu langen Schlangen führen und Missbrauch durch Scharlatane

Essen. Die rund 150 Apotheken in Essen stellen sich auf einen Ansturm ab dem kommenden Dienstag (15. Dezember) ein. Die Apotheker geben – wie vom Bundesgesundheitsministerium angeordnet – drei so genannte FFP-2-Masken an Ältere (über 60) sowie chronisch Kranke aus, damit diese sich besser vor einer Corona-Infektion schützen können. Der Sprecher der Essener Apothekerschaft, Rolf-Günther Westhaus, reagiert irritiert auf die Masken-Aktion des Bundes. Er wirft Bundesgesundheitsminister Jens Spahn vor, Weihnachtsgeschenke zu verteilen und aus der Hüfte zu schießen.

Seit mehr als 35 Jahren führt Westhaus die Überruhr-Apotheke. Dort haben das Telefon schon am Donnerstag nicht stillgestanden, außerdem stürmten die ersten Kunden bereits jetzt die Apotheke. „Nur weil das Ministerium den Termin nicht korrekt bekanntgegeben hatte“, fügt der Apotheker hinzu.

Einige Anrufer hätten sogar darum gebeten, doch bitte drei Masken für sie zurückzulegen. Doch Westhaus gab den Interessenten unmissverständlich zu verstehen, dass kein Apotheker in Essen Masken reservieren werde.

„Ich stelle mich auf lange Schlangen ein - und zwar von morgens bis abends“

Andreas Bessenbach ist Inhaber der Hirsch-Apotheke am Limbecker Platz, die 1686 gegründet wurde und zu den ältesten in Essen zählt. Er sagt: „Ich stelle mich auf lange Schlangen vor meiner Apotheke ein - und zwar von morgens bis abends.“ Neben den vier Mitarbeitern dürfen sich in der Hirsch-Apotheker höchstens sechs Kunden gleichzeitig aufhalten. Damit Patienten, die auf wichtige Medikamente angewiesen sind, rasch bedient werden können, richtet Bessenbach eine gesonderte Ausgabestelle für die FFP-2-Masken ein.

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Weil diese nicht vom Bundesgesundheitsministerium angeliefert, sondern lediglich finanziert werden, setzten sich die Apotheker in den letzten Tagen ans Telefon, um sich mit ausreichend Masken einzudecken. Die Hirsch-Apotheke hat ein Kontingent von 5000 bis 6000 Masken geordert, die Überruhr-Apotheke hat 4500 Stück vorrätig. Um die Essener vor gefälschten Masken zu schützen, haben die Apotheker Qualitätsware bestellt, die beispielsweise das TÜV-Prüfsiegel trägt.

Apotheker-Sprecher warnt: „Wer Masken schnorrt, ist kriminell“

Die größte Sorge bereitet den Apothekern ein möglicher Missbrauch. Auf die Frage, wie er sich gegen Scharlatane wappne, die ab Dienstag Apotheke für Apotheke abklappern und sich die Taschen mit Gratismasken vollstopfen, reagiert Bessenbach mit Achselzucken. „Gar nicht“, erwidert er knapp.

Um die ersten drei Gratis-Masken zu erhalten, müssen Betroffene ihren Personalausweis vorlegen oder per Selbstauskunft versichern, dass sie chronisch krank sind bzw. an Vorerkrankungen leiden. Auch Apotheker-Sprecher Westhaus befürchtet den Missbrauch von Schnorrern. „Wer das tut, ist kriminell, denn er schnappt den wirklich Bedürftigen die Masken weg, schlimmstenfalls gehen sie sogar leer aus.“

Der Apothekerverband Nordrhein hat inzwischen eine Eigenbeteiligung ins Gespräch gebracht. „Eine Eigenbeteiligung wäre wichtig, um Missbrauch zu verhindern und dafür zu sorgen, dass die Masken an die Menschen gehen, die sie am nötigsten brauchen. Die Gratis-Abgabe fordert Missbrauch geradezu heraus“, kritisierte der Vorsitzende des Apothekerverbands in einem Zeitungsinterview.

Regulär kostet eine FFP-2-Maske drei Euro. Drei Gratismasken sollen bis Ende Dezember ausgegeben werden, weitere zwölf verteilen die Apotheken im Januar. Angesichts der Gesamtkosten von 2,5 Milliarden Euro sagt Rolf-Günther Westhaus: „Diese Milliarden hätte man bestimmt sinnvoller einsetzen können.“ Seine dringende Bitte an die Betroffenen: „Haben Sie etwas Geduld und kommen Sie nicht alle am ersten Tag.“