Essen.. Die Grafen von Altendorf errichteten im Mittelalter eine prächtige Wohnburg, die dem Stadtteil seinen Namen gibt. Als die Edelleute die Burg um 1760 aufgaben, diente sie den umliegenden Bauern als Steinbruch. Erst vor 100 Jahren wurde der Verfall der Ruine gestoppt.

Oben auf der Burg pfeift der Wind und treibt die Wolkenberge vor sich her. Weit weg scheint die Stadt, deren Silhouette bei klarem Wetter am Horizont gut erkennbar ist. Dreht man sich um, fällt der Blick in das Tal, durch das die Ruhr etwas wintermüde mäandert.

Die Grafen von Altendorf, die im Mittelalter hier residierten, haben den Standort ihrer Wohnburg, die auch der Namensgeber des südöstlichsten Stadtteils ist, strategisch gut gewählt. Und zu einer für damalige Zeiten typischen Anlage ausgebaut – mit Ringmauer, Wassergraben, Zugbrücke und Vorburg. Sie boten Schutz vor Angriffen.

Noch wichtiger aber war der Schutz vor Nässe und Frost. Wie die frühen Bewohner das gelöst haben, wird beim Betreten des Wohnturmes schnell klar: Drei Meter dick sind die unverputzten Mauern, in die kleine Fenster mit Burgfräulein-Nischen eingelassen sind. Mehrere Kamine, die in Ansätzen noch identifizierbar sind, sorgten für die Beheizung. Aber wenn es richtig kalt wurde, blieb nur eines: eng zusammenrücken. Das taten verschiedene Adelsgeschlechter bis 1760 – dann überließen sie die nutzlos gewordene Burg ihrem Schicksal als Steinbruch für die umliegenden Bauern.

Erst Anfang des 20. Jahrhunderts besann man sich auf die eigene Geschichte und begann mit der Restaurierung der Überreste. Die verbreiten bis heute einen mittelalterlichen Charme, der allerdings nicht auf den Wohnort Burgaltendorf abgefärbt hat. Trotz des historischen Kerns ist das Dorf, das erst 1970 in die Großstadt eingemeindet wurde, nie organisch gewachsen, es wirkt eher wie zufällig zusammengewürfelt. Selbst rund um die mächtige Herz Jesu Kirche, die wie ein Monolith auf einem Hügel über dem Stadtteil thront, hat sich kein Dorfzentrum etablieren können.

Bergbau hinterließ viele Spuren

Doch gibt es überall Spuren der langen Geschichte, die den Spaziergänger wortwörtlich auf Schritt und Tritt verfolgen. Burgaltendorf war quasi unterhöhlt – mehr als 300 Tagesöffnungen gab es durch den tagesnahen Bergbau. Dazu noch diverse Zechen, die bis auf ein paar Überreste fast komplett vom Erdboden verschwunden sind. Wer auf einem der vier Denkmalpfade wandert, die den Stadtteil durchziehen, stößt immer wieder auf die Relikte des Kohlebergbaus. Darunter das große Verwaltungsgebäude der Zeche Steingatt, an der gleichnamigen Straße gelegen. Oder das Maschinenhaus der Zeche Theodor in der Charlottenstraße, das ungefähr zur selben Zeit und im selben Stil erbaut wurde wie Zollverein.

Ein Weinverkauf hat sich in dem lieblos restaurierten Haus (wo man eigentlich nicht von Restaurierung sprechen kann) breit gemacht; der Tisch, auf dem der Rebensaft angeboten wird, steht auf der Abdeckplatte des über 1000 Meter tiefen Schachtes.

Verschwunden sind auch viele historische Fachwerk-Kotten und einstige Wahrzeichen wie Windmühle oder Wasserturm, sie machten dem Bauboom der späten 1960er Jahre Platz. Stehen geblieben ist dagegen der schöne Hof der Familie Mittelste Bahrenberg. Das prächtige Wohnhaus, das von der einstigen Bedeutung des Großbauern zeugt, wurde mit viel Sinn fürs Detail renoviert – leider nur noch ein seltener Anblick in Burgaltendorf.

Alle Folgen der WAZ-Serie "Essen entdecken - 100 besondere Orte" finden Sie auf unserer Spezialseite zur Serie.