Essen.

Das Zusammenleben von Essenern deutscher Herkunft und den Einwohnern mit Migrationshintergrund funktioniert weit besser als gemeinhin angenommen. Eine überwältigende Mehrheit befürwortet, wenn Deutsche und Ausländer als Nachbarn zusammenleben. Das geht aus der jetzt veröffentlichten Umfrage „Zusammenleben in Essen 2010“ hervor. Zum ersten Mal legt die Stadt damit eine umfassende Beschreibung darüber vor, wie Essener unter schiedlicher Herkunft einander wahrnehmen. Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick:

90 % der hier lebenden Deutschen und Migranten wohnen gerne in Essen.

74 % sind der Meinung, es sei gut, dass Deutsche und Migranten als Nachbarn zusammenleben.

44 % berichten, dass in ihrem Umfeld Menschen unterschiedlicher Herkunft ein normales nachbarschaftliches Verhältnis haben. 22 % sagen, dass Einheimische und Migranten sehr gut miteinander auskommen. 5 % berichten von Reibereien.

34 % der Migranten wohnen seit mehr als 20 Jahren in Essen, 12 % sind hier geboren. Von den in Essen lebenden Deutschen wohnen 86 % seit ihrer Geburt oder mehr als 20 Jahren hier.

Zwei Drittel der Migranten gaben an, dass ihr Lebensmittelpunkt auch in Zukunft in Deutschland liegen wird.

25 % der Migranten bezeichnen Deutsch als Familiensprache, 25 % sind mit Deutsch in der Familie aufgewachsen, mehr als 50 % geben an, Deutsch sehr gut oder gut zu beherrschen. Bei Migranten unter 27 Jahren sind es 90 %.

Das Durchschnittseinkommen von Bürgern deutscher Herkunft beträgt 1350 Euro, das von Migranten nur 950 Euro.

8 % der Deutschen und 18 % der Migranten bezeichnen sich als sehr religiös. Von Migranten, die sich zum Islam bekennen, gilt dies für 25 %, für Migranten, die sich zum Christentum bekennen, für nur 15 Prozent.

10 % der Bürger mit Migrationshintergrund gaben an, häufig aufgrund ihrer Herkunft benachteiligt zu sein, 25 % haben diese Erfahrung einmal gemacht. Zwei Drittel gaben an, eine solche Erfahrung noch nie oder in den vergangenen Jahren nicht mehr gemacht zu haben. Überdurchschnittlich häufig haben sowohl Migranten als auch Deutsche Diskriminierung in der Schule oder am Arbeitsplatz erfahren.

84 % der Deutschen und 86 % der Migranten sehen eine gemeinsame Verantwortung für Integration.

Die Bilanz: Essen habe weder ein „Ausländer-Problem“ noch ein „ethnisches“ Problem. Die Autoren leugnen nicht, dass es ernstzunehmende Konflikte gibt. Diese beschränkten sich aber auf „bestimmte migrantische Milieus in besonderen Lebenslagen“ . Die Regel sei ein vielfältiges und friedliches Miteinander von Essenern deutscher und anderer Herkunft.

Junge Migranten bleiben zurück

Dem Zusammenhang von Herkunft, Bildung und sozialer Anerkennung widmet die Umfrage „Zusammenleben in Essen 2010“ besonders viel Aufmerksamkeit. Die wichtigsten Ergebnisse:

56 % der Essener mit deutscher Herkunft verfügen über einen mittleren Bildungsabschluss, aber nur knapp ein Drittel der Migranten.

25 % Prozent der Migranten, aber nur zehn Prozent der Befragten deutscher Herkunft haben eine niedrige Schulbildung genossen.

In der jüngeren Altersgruppe unter 27 Jahren haben 33 % der Migranten ein niedriges Bildungsniveau, bei den Deutschen gilt dies für 17 %.

90 % stuften Bildung und Beruf als wichtig und damit als zentrale Lebensbereiche ein.

Die deutlichen Bildungsunterschiede zwischen Deutschen und Zuwanderern gerade in der Altersgruppe der Jüngeren nennen die Autoren der Studie alarmierend, haben doch auch jüngere Migranten größtenteils das hiesige Bildungssystem durchlaufen.

Zwingend erforderlich sei es deshalb, Kinder von klein auf zu fördern, um Chancengleichheit für den Bildungserfolg herzustellen. Bleiben Migranten zurück, sehen die Autoren durchaus die Gefahr, dass sich junge Muslime stärker auf ihre Religion zurückziehen in der Erwartung, dass sie dort Halt und Anerkennung finden.