Essen-Rüttenscheid.. Das Rüttenscheider Architekturbüro KZA hat einen syrischen Flüchtling als Hospitanten aufgenommen. Der Weg dahin war jedoch schwieriger als gedacht.
Abdulrahman Habrawi hatte in seiner Heimat nicht einmal die Gelegenheit, auf dem ersten Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. „Gleich nach meinem Abschluss an der Universität in Damaskus“, erzählt der 26-Jährige, „sollte ich zum Militär eingezogen werden. Dann hätte ich auf andere Syrer schießen müssen. Deswegen bin ich 2014 nach Deutschland geflüchtet.“ Der junge Mann gehört zur vergleichsweise kleinen Gruppe von rund zehn Prozent der nach Deutschland geflüchteten Menschen, die bei Arbeitgebern Hoffnungen schüren: er ist qualifiziert, spricht deutsch und englisch und ist obendrein noch jung.
Anfragen verliefen ins Leere
Seit Mitte Dezember hospitiert er im Architektenbüro von Koschany und Zimmer (KZA), das seinen Sitz im Rü-Kontor hat. „Der Wunsch, auch als Unternehmen etwas zu tun, wurde vor allem durch die Mitarbeiter an uns heran getragen. Wir sind ein internationales Team, einige Kollegen haben ihre Wurzeln im Irak, Iran, Spanien, Italien“, erklärt Wolfgang Zimmer.
Die anschließende Suche nach einem Kandidaten aber sei schwer gewesen, weiß auch Carla Müting-Zimmer, Architektin und Personalverantwortliche bei KZA: „Wir haben Kontakt zu vielen Verantwortlichen gesucht, die in dieser Stadt mit Flüchtlingen arbeiten. Alle E-Mails und Anrufe liefen leider ins Leere.“ Auch Annoncen in mehreren Sprachen auf den „Welcome“-Internetseiten blieben ohne Erfolg. Schließlich war es der Zufall, der Abdulrahman Habrawi und KZA zusammenbrachte: Seine Deutschlehrerin hörte vom Gesuch des Architektenbüros und stellte den Kontakt her.
„Mindestlohn schreckt viele Unternehmen ab“
Die Fallstricke waren damit noch nicht beseitigt. „Seit 2015 gilt ein Mindestlohn für Praktikanten ab dem dritten Monat. Wir können aber niemanden innerhalb von drei Monaten in unser Regelwerk einarbeiten. Außerdem kann Abdul wegen Sprach- und Orientierungskursen noch bis Ende Februar nur halbtags zu uns kommen“, erklärt Müting-Zimmer. Nicht zuletzt muss der Bachelor-Abschluss der Universität in Damaskus in Deutschland noch anerkannt werden, hat der junge Syrer in seiner Heimat mit anderen Computerprogrammen gelernt, muss seine Deutsch-Kenntnisse noch vertiefen.
„Bis er produktiv mitarbeiten kann, wird es natürlich noch dauern“, weiß Müting-Zimmer. Über den Essener Unternehmensverband erfuhr sie schließlich von der Möglichkeit der Hospitanz, die Arbeitgebern zumindest die Möglichkeit eines Kennenlernens biete. „Gerade kleine und mittelständische Unternehmen werden durch die Mindestlohn-Regelung abgehalten“, glaubt Müting-Zimmer.
„Um Deutsch zu lernen braucht man Freunde und Kollegen“
Am 1. März – pünktlich zu seinem 27. Geburtstag – fängt Abdulrahman Habrawi als Praktikant bei KZA an und hat sogar die Chance, sich für eine feste Stelle zu qualifizieren, wenn er sich bewährt. Dafür ist er dankbar, wie er sagt: „Ich habe eine große Chance bekommen“, sagt er auf Deutsch. Dabei sei in den vergangenen Wochen nicht nur der Einblick in den Arbeitsalltag hilfreich gewesen. „Nur mit Sprachkursen lernt man kein Deutsch, dafür braucht man Kollegen oder Freunde, mit denen man sprechen kann“, ist der angehende Architekt überzeugt. Er sei jung und wolle arbeiten; das sei doch völlig normal findet Habrawi, dessen Heimatstadt Aleppo in weiten Teilen zerstört wurde.
Bei KZA sei noch Platz, betont Wolfgang Zimmer: „Wir würden gerne zwei oder drei weitere Flüchtlinge aufnehmen, die aus bauaffinen Berufen kommen. Denn Integration funktioniert in erster Linie über die Eingliederung ins Berufsleben.“