Essen..

Die mangelhafte Versorgung von Familien im Essener Norden mit Kinderärzten soll angegangen werden. Zurzeit ist ein Arzt für 4000 Kinder zuständig. Stadtteile wie Rüttenscheid weisen hingegen eine hohe Praxisdichte auf.

Dabei sollen Kinderärzte mit kostenlosen oder verbilligten Praxenräumen in den Norden gelockt werden; Essens Kinderarzt-Obmann Dr. Engelbert Kölker will seine Kollegen bewegen, wenigstens eine Zweitniederlassung als tageweise Vertretung im Norden zu gründen. Und zunehmend sollen junge angehende Kinderärzte in den letzten Monaten ihrer Ausbildung im Norden eingesetzt werden.

Das Problem ist schon lange bekannt: Während durchschnittlich auf 1000 Kinder im Essener Süden ein Kinderarzt kommt, müssen sich im Norden 4000 Kinder einen einzigen Kinderarzt teilen. Die Lage spitzt sich aber noch weiter zu: In den Stadtteilen Vogelheim, Altenessen und Karnap gibt es nach Wegzug eines Mediziners mit seiner Praxis in die Innenstadt nur noch zwei praktizierende Kinderärzte. Die Folge: Wartezeit von zwei bis drei Stunden für Eltern mit fiebrigen Kindern.

„Im Norden ist die Klientel viel schwieriger“

„Eigentlich ist der gesamte Nordgürtel gefährdet, verliert Schritt für Schritt Kinderärzte“, sagt Linken-Ratsherr Hans Peter Leymann-Kurtz, der seit Jahren das Problem verfolgt. In Altenessen-Süd arbeitet bereits kein einziger Kinderarzt mehr; Katernberg, Schonnebeck, Stoppenberg, Steele und der Großraum Borbeck dünnen zunehmend aus.

Dafür herrscht in Rüttenscheid und im Zentrum, nicht gerade als Viertel mit vielen Kindern bekannt, die höchste Dichte an Kinderärzten in Essen. Zwar muss die Kassenärztliche Vereinigung eigentlich eine ausreichende Arztversorgung garantieren, doch diese kann sich darauf berufen, dass im zu versorgenden Bezirk, hier das gesamte Stadtgebiet Essen, im Schnitt sogar zu viele Kinderärzte arbeiten: Der Bedarf ist auf dem Papier in Essen mit 137 Prozent mehr als gedeckt.

Durch die wenigen Kinderarzt-Praxen im Norden sieht Gesundheitsamtsleiter Dr. Rainer Kundt die Kinder gefährdet. „Wir dürfen den teils schwierigen Familien nicht auch noch hohe Hürden für den Besuch eines Arztes aufbauen.“ Dr. Kölker verwies zwar in der Runde darauf, dass die Familien beweglich sein und in die Stadt fahren könnten, doch Kundt hält von dem Argument wenig. „Viele Hartz-IV-Empfänger haben gar kein Auto - und für eine alleinerziehende Mutter mit mehreren Kinder ist ein Besuch eines weiter entfernten Arztes kaum zu koordinieren.“

Teilnehmer des runden Tisches bedauerten, dass die Kinderärzte mit moralischem Druck, doch in den Notgebieten zu helfen, kaum zu erreichen seien. Denn die Ärzte verweisen auf ihre Freiheit als Freiberufler und deren finanzielle Lasten. Kundt spricht es offen aus: „Im Norden ist die Klientel viel schwieriger und es gibt weniger Privatpatienten - das kann bei vielen Ärzten den Ausschlag geben, wo sie sich niederlassen.“