Essen.. Seit Inkrafttreten des Nichtraucherschutzgesetzes häufen sich Klagen von Nachbarn, weil Raucher vor der Kneipentür stehen und lärmen. Die Gastronomen fühlen sich jedoch zu Unrecht an den Pranger gestellt. Zumal sie ohnehin schon Verluste durch das Rauchverbot beklagen.
Drinnen im „Mittendrinn“ hat Gastwirt Stefan Romberg das Feuer am 1. Mai pflichtgemäß ausgetreten. Sein „Kneiporant“ an der Klarastraße 70 ist seitdem – ganz dem Nichtraucherschutzgesetz entsprechend – nikotinfrei.
Ruhe will in Rüttenscheid und anderswo trotzdem nicht aufkommen. Denn nun beschweren sich genervte Anwohner immer häufiger über nächtliche Ruhestörung. Über Lärm, den quasselnde und lachende Raucher draußen vor der Kneipentür verursachen. „Vom allerersten Tag an haben wir Theater“, sagt Stefan Romberg.
Nun, da die Tage kürzer und die Abende kälter werden, kommen neue Probleme auf die über 2000 Essener Wirte zu. Um rauchende Gäste nicht zu vergraulen, wollen sie ganzjährig Tische und Aschenbecher vor die Türe stellen. Die gute Nachricht: Der zuständige Bau- und Verkehrsausschuss hat jetzt einen Antrag abgenickt, der so genannte Außengastronomie von nun an auch in der kalten Jahreszeit gestattet. Bislang erteilte die Stadt den Wirten nur im Sommer und Herbst eine solche Sondernutzungserlaubnis. Der einzige Wermutstropfen: Die Stadt hält dafür die Hand auf.
"Die Umsätze schrumpfen mitunter dramatisch"
Christiane Behnke führt ein Gasthaus in Kray und ist Vorsitzende des Gaststättenverbandes Dehoga in Essen. Der „Budike“-Wirtin sind die Klagen ihrer Kollegen bestens vertraut (siehe „Drei Fragen an“). Vielen stehe das Wasser bis zum Hals, erst recht seitdem das Rauchverbot gelte. „Die Verweildauer in den Gaststätten wird geringer und die Umsätze schrumpfen mitunter dramatisch“, sagt die Wirtin und warnt vor weiteren finanziellen Belastungen, die sich aus dem Rauchverbot ergäben.
Stefan Romberg hat im Sommer einen „Rauchertisch“ auf den Bürgersteig gestellt – genauso wie Simon Heidenreich, der „Eule“-Wirt von nebenan. „Für diese Sondernutzung muss ich fünfzig Euro bezahlen“, berichtet Romberg.
Der „Eule“-Wirt zeigt Verständnis für genervte Anwohner, die über lärmende Raucher draußen vor der Tür klagen. Doch er stellt zugleich klar: „Ich muss drinnen Bier zapfen und kann mich nicht dauernd draußen als Aufpasser daneben stellen.“
Polizeistreife verwarnte lärmende Raucher
Aufpassen – das müsste eher das Ordnungsamt. Doch im Rathaus sagen sie: „Neunzig Prozent aller Beschwerden sind Klagen wegen Ruhestörung, aber leider haben wir keine Nichtraucher-Task Force, die rund um die Uhr im Einsatz ist.“ Bei Ruhestörung zu später Stunde muss deshalb die Polizei einschreiten -- mitunter mit kuriosen Folgen.
Dem Vernehmen nach rückte in einer lauen Sommernacht eine Streife an, um zwei Dutzende lärmende Raucher zu verwarnen. Diese zogen sich darauf geschlossen ins Lokal zurück. So herrschte auf dem Bürgersteig wieder himmlische Nachtruhe – dafür wurde im Lokal dutzendfach gegen das Nichtraucher-Gesetz verstoßen.