Essen.. Drei Verletzte bei Anschlag auf Sikh-Gemeinde in Essen. Maskierter soll Sprengkörper geschleudert haben. Keine Hinweise für terroristischen Anschlag.

Die Aufnahme mit den indischen Klängen, nachzuhören auf dem Internet-Portal „Youtube“, dauert nur 16 Sekunden, der gewaltige Knall, er kommt in Sekunde sechs: Die Musik erstirbt, Stimmengewirr. „Eine Bombe!“ sagt eine Frau. Ein Mann widerspricht: „Nein!“ Eher doch: Zwar mag die Polizei noch keine Details zu dem Sprengsatz sagen, der da am frühen Samstagabend am Eingang eines Sikh-Tempels in einem Gewerbegebiet nördlich der Essener Innenstadt explodierte, „aus ermittlungstaktischen Gründen“, wie es heißt.

Doch dass es ein Anschlag war, steht fest, und der Umstand, dass die Polizei bislang „keine Hinweise auf einen terroristischen Hintergrund“ erkennen kann, vermag die Gemeinde nur wenig zu beruhigen: Aufgebracht diskutieren sie vor ihrem Tempel, der Gemeindepräsident ist aufgewühlt, mag den Journalisten erst einmal nicht Rede und Antwort stehen. Derweil sagt die Polizei den Satz, der alles und nichts bedeuten kann: „Wir ermitteln in alle Richtungen.“

Polizei Essen: Keine Hinweise auf terroristischen Anschlag

Der Anschlag von Essen ist weltweit Thema  unter den Gläubigen der Sik-Religion. Der „Sikh Channel“ zeigte Bilder aus dem beschädigten Tempel 8siehe auch Video unten).
Der Anschlag von Essen ist weltweit Thema unter den Gläubigen der Sik-Religion. Der „Sikh Channel“ zeigte Bilder aus dem beschädigten Tempel 8siehe auch Video unten). © Funke Foto Services | Funke Foto Services

Bei der Explosion sind am frühen Samstagabend drei Personen verletzt worden. Einer von ihnen, ein 60-jähriger Priester der Religionsgemeinschaft, trug schwere Blessuren davon. Gegen 19 Uhr hatte die heftige Explosion den Eingang des Gebetssaals erschüttert: Scheiben barsten, die Türkonstruktion wurde aus den Angeln gehoben, Teile der Schieferfassade wurden weggerissen. Hinweise auf einen terroristischen Anschlag oder gar Bekenntnisse lägen nicht vor, so die Polizei Essen.

Der Sikh-Tempel, einer von zweien im Ruhrgebiet, wird an Wochenenden von hunderten Angehörigen der Sikh-Religion zu Gebeten und als Gemeindezentrum genutzt. Noch am Samstagmittag hatte es hier eine Hochzeitszeremonie mit rund 200 Gästen gegeben. Als die Explosion erfolgte, waren allerdings nur noch wenige Gäste unten im Saal, während einige Kinder im Obergeschoss des Gebäudes am Musikunterricht teilnahmen.

Maskierter Mann soll Sprengkörper geschleudert haben

Herbeigeeilte Zeugen aus der Sikh-Gemeinde wollen einen maskierten Mann gesehen haben, der einen runden Sprengkörper in den Eingangsbereich geschleudert habe und dann flüchtete. Tatsächlich konnte später nicht weit vom Tatort eine Maske sichergestellt werden. Sie wird kriminaltechnisch auf DNA-Spuren untersucht.

Dagegen erwies sich der Hinweis auf drei Personen, deren Auto in der Nähe des Tatortes gesehen worden war, als falsche Spur: Drei Insassen, die die Polizei am Abend vorläufig festgenommen hatte, wurden nur wenig später wieder freigelassen.

Der Anschlag von Samstagabend versetzte nicht nur die Ruhrgebietsgemeinde der Sikh in Aufruhr, sondern löste durch die Verbreitung von Fotos, Filmen und sogar ein Ton-Dokument der Explosion über den Internet-Kanal „Sikh Channel“ ein weltweites Echo aus: Die Polizei erhielt am Sonntag Anfragen von Journalisten bis aus Neu Delhi. Die Sikh-Religion, im Deutschen auch als Sikhismus bekannt, ist die fünftgrößte Weltreligion. Etwa 25 Millionen Menschen weltweit fühlen sich ihr zugehörig. Die Mehrheit ist in Nordindien beheimatet, in Deutschland leben über 13 000 Sikhs, viele davon in Köln.

Indischer Generalkonsul in Essen

Unterdessen kam der indische Generalkonsul Raveesh Kumar mit einer Delegation von Frankfurt nach Essen, um in Gesprächen mit Oberbürgermeister Thomas Kufen und Polizeipräsident Frank Richter den Anschlag zu erörtern. Einstweilen stehen der Sikh-Tempel im Essener Norden wie auch der Gemeindepräsident unter Polizeischutz.

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