Essen. Der Fachverband Bund deutscher Architekten (BDA) will Denkmalschutz für die Beitz-Villa in Essen - und widerspricht damit den Denkmalbehörden.
Geschlagene zweieinhalb Stunden habe man jüngst im Essener Kreisvorstand des Bundes deutscher Architekten (BDA) diskutiert, dann sei die Sache klar gewesen: „Das Privathaus von Berthold Beitz am Weg zur Platte ist in unseren Augen ein Denkmal“, sagt Wolfgang Zimmer, stellvertretender BDA-Vorsitzender in Essen. Die Architekten sehen nicht nur den historischen Wert, der sich aus der Tatsache ableite, dass hier Essens einziger Ehrenbürger fast sechs Jahrzehnte lebte, dass er hier hochkarätige Gäste empfing und in dem Haus durchaus Geschichte geschrieben wurde.s
Auch die architektonische Qualität könne sich absolut sehen lassen: „Der baugeschichtliche Wert liegt unter anderem im Typus der modernen Industriellen-Villa“, formuliert der BDA. Das Haus sei gleichsam ein Zeitzeugnis der Aufbaujahre im Nachkriegsdeutschland. „Das Wohnhaus wendet sich ab von Ausdrucksformen früherer Industriellensitze und hat damit historische Bedeutung, nicht nur für Essen, sondern auch für die Firma Krupp.“
Die Essener Geschichte sei geprägt vom Verlust identitätsstiftender Bauwerke. Nach den Wunden des Zweiten Weltkrieges sind zahlreiche Stadtbild- und Stadtgeschichte prägende Gebäude dem Abriss zum Opfer gefallen. „Dazu gehören nicht zuletzt das historische Rathaus in der Innenstadt sowie das Turmhaus der Firma Krupp an der Altendorfer Straße.“
Dem BDA-Votum kommt in einer kontroversen Debattenlage durchaus Bedeutung zu. Denn die Architekten stellen sich mit ihrer Ansicht gegen die anderslautende Expertise der offiziellen Denkmalschützer, die einen baugeschichtlichen Wert gerade nicht entdecken konnten, eine Unterschutzstellung ablehnen und die Villa damit faktisch zum Abriss freigeben.
Immobilien-Investoren stehen derzeit Schlange am Beitz-Haus
Investoren geben sich derzeit in dem leergezogenen Haus die Klinke in die Hand, das ungewöhnlich große Grundstück bietet nach Meinung von Immobilienfachleuten Platz für Eigentumswohnungen im Luxussegment mit einer Gesamtgröße von bis zu 10 000 Quadratmetern Wohnraum. Auch Wolfgang Zimmer baut als Architekt natürlich gerne neu, fände aber bedauerlich, wenn das Beitz-Haus dafür fiele.
Am 21. April lädt der BDA ins Forum Kunst und Architektur, Kopstadtplatz 12, ein, um über den Wert der Beitz-Villa öffentlich zu diskutieren. Die Veranstaltung steht im Rahmen einer Themenreihe mit dem Titel „Identität der Stadt Essen und der Region“ unter baukulturellen Gesichtspunkten. Zugesagt als Gesprächsteilnehmerin auf dem Podium hat laut Zimmer bereits Petra Beckers, Leiterin der Essener Denkmalbehörde. Sie hat die Schutzwürdigkeit des Hauses ausdrücklich verneint. Ein Vertreter von Thyssen-Krupp - das Unternehmen ist Eigentümer - habe zumindest sein Erscheinen zugesagt. Die Veranstaltung beginnt um 19 Uhr, der Eintritt ist frei.