Essen.
Oberbürgermeister Reinhard Paß vergleicht den von ihm initiierten „Strategieprozess Essen 2030“ gerne mit Leitplanken, die der Stadt die Richtung weisen sollen. Wohin geht die Reise? Wie positioniert sich Essen im Wettbewerb der Städte um Einwohner und kluge Köpfe?
Zu dumm nur: Die Leitplanken sind arg verbeult, seit die veröffentliche Meinung und politische Entscheidungsträger nur noch über die Kosten reden. Da war es dem OB offenbar ein Anliegen gestern auf einer eilig einberufenen Pressekonferenz den Fokus auf die Inhalte zu lenken. Schließlich hatten sich 3327 Bürger mit Anregungen und Vorschlägen beteiligt. Wo also steht der Strategieprozess? Ziemlich am Anfang.
Eine pulsierende Innenstadt
Die definierten Ziele wirken doch sehr austauschbar. Die Bürger welcher Stadt wünschten sich nicht eine pulsierende Innenstadt, lebendige Stadtteile, herausragende Freizeitangebote oder ein respektvolles Miteinander?
Dass zu 90 Prozent die gleichen Ziele herauskommen würden wie in jeder anderen Stadt, findet Kreativunternehmer Reinhard Wiesemann weder überraschend noch beunruhigend. „So unterschiedlich sind die Menschen ja gar nicht.“ Indem Essen die Bürger beteilige, unterscheide die Stadt sich bereits von anderen. Und Gutes dürfe Essen ja sehr wohl kopieren. „Wir müssen die Welt nicht neu erfinden“, so Paß.
Stärken, die es zu stärken gilt, Alleinstellungsmerkmale oder „das Essen-Individuelle“ wie es Axel Koschany von der Interessengemeinschaft Essener Wirtschaft formuliert - dies sei nun im weiteren Verlauf des Strategieprozesses herauszuarbeiten, lautet die Botschaft.
Alleinstellungsmerkmale
OB Paß nennt es Priorisierung. Leitplanken eben, denen auch die Entscheidungsträger im Rat folgen. Dort könnte es dann zum Schwur kommen, wenn es eines schönen Tages wieder einmal um die Frage geht, ob eine Grünfläche bebaut werden soll, damit Wohnraum entsteht oder sich ein mittelständisches Unternehmen dynamisch entwickeln kann, um nur ein fiktives Beispiel zu nennen. Ein konkretes könnte so lauten: Gibt „Essen 2030“ eine Antwort auf die dauerbrennende Streitfrage, ob die A 52 durch den Essener Norden gebaut werden soll oder nicht?
Oder steht am Ende des Prozesses ein verschwommenes Leitbild, in dem sich jede Partei wiederfindet? Wo es lang geht bis 2030 und auch danach entscheidet schließlich die Mehrheit im sehr bunten Rat. Dem will die Verwaltung zur März-Ratssitzung einen Vorschlag vorlegen, wie es weitergehen soll im Prozess. OB brachte es auf den kurzen Nenner: „Bitte arbeitet weiter:“