Essen..
Schuuule aus – wir geh’n nach H... , ähm nein, Moment, nach Hause gehen an der Astrid-Lindgren Grundschule in Horst nur die wenigsten Kinder, wenn es gegen 12 Uhr zum Unterrichtsende läutet. Denn von den insgesamt 170 Grundschülern nutzen über 110 der Sechs- bis Zehnjährigen das Angebot des Offenen Ganztags. Dort essen sie in Gruppen gemeinsam zu Mittag, machen ihre Hausaufgaben und spielen, bis es um 16 Uhr dann wirklich heimwärts geht. Außerdem laden verschiedene AGs zur Auswahl ein, und dabei stehen (bei Jungs wie bei Mädchen) nicht nur die Koch- und Back-Gruppe, sondern vor allem die Voltigier AG, hoch im Kurs – obwohl, oder gerade weil sich die Kleinen dabei auch die Hände schmutzig machen müssen (beziehungsweise dürfen).
Jeden Dienstagnachmittag stapfen etwa acht Grundschüler mit Lehrerin Britta Hackmann los; der 2,5 Kilometer lange Fußmarsch vom Schul-zum Ponyhof am Schultenweg gehört da genauso dazu, wie die Arbeit am Stall – bevor es auf den Rücken der geliebten Vierbeiner geht. „Reiten wollen alle gerne“, weiß Hackmann, die selbst Pferdefan ist und die Kooperation mit dem Schultenhof vor knapp zwei Jahren initiiert hat, „aber erst die Arbeit, dann das Vergnügen.“ Schließlich hat die AG auch ihren pädagogischen Wert, denn Putzen, Fegen, Misten heißt: Verantwortung übernehmen.
Es geht um Vertrauen
„Wir dürfen nie nah hinter den Ponys herlaufen“, erklärt Yacine, der sich mit Putzkasten und Klassenkamerad Maxim erstmal Shetland-Stute „Sissi“ widmet. Beim Striegeln und Hufe-kratzen gehen die beiden langsam und behutsam vor „am Anfang hatte ich ein bisschen Angst“, gibt Maxim zu, der schon zum fünften Mal dabei ist. Aber genau diese Wirkung ist Ziel der AG: „Die Schüler sollen lernen, aus Angst Mut zu entwickeln“, so Pädagogin Hackmann, die am Stall von Sportstudentin und Voltigier-Trainerin Katharina Spanke unterstützt wird. Es ginge außerdem um Vertrauen, das ist nun mal die Voraussetzung, wenn man zum ersten Mal auf einem (teils eigenwilligen) Pferd sitzt – oder gar irgendwelche Turnübungen macht.
Heute wollen sie aber „nur“ ein paar Gleichgewichtsübungen beim Reiten in der Halle durchgehen. Also geht es, nachdem auch die drei Sechsjährigen, Celine, Naren und Viktoria, Mini-Pony Charlie (Stockmaß: ein Meter) startklar haben, rüber zur großen Reithalle. Dort findet ansonsten auch ein Mal pro Woche der „Ponyclub“-Reitunterricht statt – für 50 Euro Beitrag im Monat.
Möglichst viele Kinder erreichen
Das käme allerdings für die meisten Eltern der Astrid-Lindgren-Grundschüler gar nicht erst in Frage. Mehr als 85 Prozent der Eltern, deren Kinder dort zur Schule gehen, sind Hartz IV- Empfänger, beziehungsweise bekommen finanzielle Unterstützung vom Jobcenter, über 70 Prozent haben einen Migrationshintergrund. „Wir wollen mit den Angeboten im Offenen Ganztag möglichst viele Kinder erreichen, für die Reit- oder Fußballvereine sonst einfach gar nicht zugänglich wären“, sagt Hackmann. Die Erzieherinnen werden von Integrationshelferinnen unterstützt, alle Angebote von der Schule finanziert, die Eltern zahlen nichts. Vielleicht ist auch das der Grund für die große Nachfrage, und dafür, dass es keine Unterschiede zwischen Mädchen- und Jungenvorlieben gibt. „Ausprobieren wollen alle“, sagt die 32-Jährige Lehrerin, „ob Reiten, Fußball, Kochen oder Backen.“