Essen. Wer sich über die immer größer werdende Zahl von Geschäften für Gold-Ankauf wundert, der dürfte zumindest bei einer Kette die Erklärung für den Zuwachs in der Anklage von Staatsanwalt Thomas Merz finden: Aus seiner Sicht geht es schlicht um „ein System von bandenmäßiger Umsatzsteuerverkürzung“.
Schwarzgeschäfte also, bei denen ausschließlich das Finanzamt betrogen wird. Abdulkadir A. (47), seit Freitag der Hauptangeklagte vor der XXI. Strafkammer, soll von der Altenessener Straße 6 aus dieses lukrative Geschäft, bei dem Monatsumsätze von manchmal zehn Millionen Euro anfallen, betrieben haben. Laut Anklage soll europaweit Gold ohne Umsatzsteuer zum Tageskurs angekauft worden sein. Auch in den in Deutschland ansässigen Geschäften werden Kunden geworben, die Schmuckstücke aus Gold, Zahngold (auch mit Zähnen), Alt- oder Bruchgold zum Kauf anbieten. Der Preis liegt meist knapp unter dem Tageshöchstkurs, Umsatzsteuer wird nicht ausgewiesen, eine Rechnung meist nicht ausgestellt. Verkauft wird das Edelmetall an eine der meist in Pforzheim ansässigen Goldscheideanstalten. Dabei soll die mutmaßliche Bande eine bis Anfang des Jahres bestehende Lücke im Steuerrecht ausgenutzt haben. So bekommt sie 19 Prozent Umsatzsteuer erstattet, die sie eigentlich ans Finanzamt abführen musste. Doch darauf verzichten die Goldhändler, heißt es in der Anklage. Der Reingewinn besteht also in diesen 19 Prozent.
Bundesweit ermitteln die Behörden gegen die Gold-Ketten. Im Essener Verfahren, das auf 16 Tage angesetzt ist, räumten Abdulkadir A. und Zenar N. (29) die Vorwürfe bisher im Grunde ein, schwächten ihre eigene Rolle aber ab. Yaldin K. (40) hatte im Ermittlungsverfahren geschwiegen.