Essen. Das Institut für Allgemeinmedizin am Uni-Klinikum benötigt „die besten Studenten“
Noch nicht mal mehr fürs Fernsehen taugt das Klischee vom Landarzt: Die gleichnamige ZDF-Serie wurde am vergangenen Freitag eingestellt, nach 25 Jahren. Die ganz normalen Hausärzte haben unter jenen, die frisch ihr Medizinstudium beginnen, keinen sonderlich guten Ruf. Wer will schon, salopp gesagt, Omas mit Erkältung behandeln, wenn es doch im Klinikum um internationale Spitzenmedizin geht.
14 Tage Blockpraktikum
So denken viele. Bis sie dann erstmals in einer Arztpraxis stehen, und zwar nicht als Patienten. 14 Tage Blockpraktikum in einer Praxis sind Pflicht, erst kürzlich wurde das in die bundesweiten Statuten aufgenommen, am Uni-Klinikum wird das schon seit Jahren so gemacht.
Mehr als 200 aktive „Lehrpraxen“ in der Region nehmen Studenten auf. „Wir sind deutschlandweit Vorreiter, was die systematische Weiterbildung von wissenschaftlichem Nachwuchs in der Allgemeinmedizin angeht“, sagt Stefan Gesenhues (59), der Direktor des Instituts für Allgemeinmedizin am Uniklinikum.
Erstaunt vom fachlichen Niveau
Medizin-Student Bahman Afzali (24, 9. Semester) will eigentlich Chirurg werden. Gerade eben hat er sein Blockpraktikum in einer Praxis in Bottrop absolviert. „Ich bin total erstaunt vom fachlichen Niveau, das erforderlich ist“, sagt Afzali. „Ich dachte, die meisten kommen mit einer Erkältung. Das ist aber höchstens einer von 100. Es sind sehr viele Patienten mit chronischen Erkrankungen. Diabetes, komplizierte Vorgeschichten, Bronchial-Patienten.
Man muss als Allgemeinmediziner in wirklich allen Fächern sehr gut sein, um den Job gut machen zu können.“ Bahman Afzali will zwar immer noch Chirurg werden, aber: „Ich habe gelernt, dass Spitzenmedizin beim Hausarzt anfängt. Beziehungsweise aufhört - nämlich dann, wenn der Hausarzt schlecht ist.“
Der Hausarzt hat ein Image-Problem
Gesenhues räumt ein, dass der Hausarzt in der Branche ein Image-Problem hat: „Wir sind nicht die Barfuß-Mediziner, wie viele sagen. Wir haben erhebliche Deckungs-Lücken im ländlichen Bereich. Viele junge Kollegen tun sich schwer damit, Landarzt zu werden.“ Doch er kann mit echten Vorteilen aufwarten, die der Job als normaler Hausarzt mit sich bringt: „Man empfindet sehr viel Befriedigung bei der Arbeit. Von den Patienten kommt sehr viel zurück.“
Und: Team-Arbeit ist heutzutage die Regel in Gemeinschaftspraxen, das bedeutet: Flache Hierarchien, flexible Arbeitszeiten seien eher möglich als in riesigen Klinik-Systemen. Aber, und auch das räumt Gesenhues mit erstaunlicher Offenheit ein: „Die Bezahlung ist ein Problem.“ Zumindest im Vergleich. Doch wen macht Geld allein schon glücklich?