Essen. Viel Trubel rund um die Lagerfeld-Ausstellung im Essener Museum Folkwang: Den verursachte allerdings nicht allein die Anwesenheit des Modezaren, sondern ebenso die schlechte Organisation bei der Eröffnung, über die Besucher klagen. Hier einer der Leserbriefe.
Das schrieb uns André Kirbach, der mit Begleitung aus Düsseldorf angereist ist, weil er zur Lagerfeld-Vernissage eingeladen worden war:
„Zur Eröffnung der Ausstellung Karl Lagerfeld … sind Sie und Ihre Freunde herzlich eingeladen. Karl Lagerfeld ist anwesend.“ So lautete die E-Mail aus dem Folkwang Museum Essen. Dass sich diese Einladung für uns zu einem Desaster entwickeln sollte, konnte ich, nebst hunderten von weiteren Gästen, nicht ahnen.
Wir kamen zu zweit und trafen eine halbe Stunde vor dem geladenen Termin auf eine große Schar weiterer Besucher. Die meisten von ihnen waren mindestens so gut gekleidet wie wir, schließlich trifft man ja Karl. Zu unserer Überraschung, denn in anderen Museen eher unüblich, gab es zwei Warteschlangen. Die eine für Gäste mit besonderer, schriftlicher Einladung, wir gesellten uns dann in die zweite.
Es regnete in Strömen, aber die Laune blieb positiv, denn schließlich werde man ja irgendwann auch die zweite Schlange reinlassen. Mittlerweile war es nach 19 Uhr, als endlich ein Ruck durch die Menge ging und alle in Richtung des Treppenaufgangs strömten, von dem uns noch immer Absperrgitter und Security trennte. So standen wir nun da. Museumsbesucher und Kunstfreunde, die meisten eher über 50, durchnässt und alle mittlerweile frierend. Noch scherzten wir, denn schließlich ist eng ja gemütlich und ein wenig wärmer wurde es auch.Vielleicht fünf Reihen trennten mich und meine Begleitung von den Absperrgittern, vor denen immer noch vereinzelt „VIP“-Gäste Richtung Eingang liefen.
Eingepfercht wie Massenvieh
Als dann endlich auch wir in kleiner Stückzahl ins Freie auf den ansonsten leeren Vorplatz durften, wurde der Druck der Masse von hinten immer größer. Und wieder passierte nichts mehr! Die anfänglich noch gute Laune wandelte sich in nervöse Unsicherheit. Erwachsene Menschen standen eingepfercht wie Massenvieh, was niemanden vor den Absperrgittern zu interessieren schien.
Unser Thema war nicht mehr Karl, unser Thema wurde die Love-Parade in Duisburg. Mehrfach wurden von der ansonsten leeren Treppe aus Fotos von uns geschossen, wie von Affen im Zoo! Schließlich hatte jeder der Gäste zu Fotos und Filmaufnahmen mit seinem Erscheinen eingewilligt, so stand es in der Einladung. Nur half uns niemand aus dieser erbärmlichen Situation, in die wir ja nicht freiwillig geraten waren. Niemand zeigte Verantwortung für seine geladenen Gäste.
Irgendwann wurde die Situation immer ernster. Eine Frau vor mir sagte: „Ich bekomme Angst!“ Und ich antwortete mit einem Scherz: „Sie brauchen doch keine Angst zu haben, ich halte Sie doch im Arm.“ Dabei war ich mittlerweile selbst nervös und hatte das Gefühl, kaum noch atmen zu können.
Wie "begossene Pudel"
Irgendwann schrie ein Mann: „Lassen Sie uns hier raus, wir ersticken hier alle!“ Erst da öffneten die Männer von der Security die Gitter, und wir konnten auf die freie Treppe strömen und auf den Museumsvorplatz, der ja menschenleer war. Nun standen wir alle vor dem Eingang des Museums. Von gutem Aussehen konnte nicht mehr die Rede sein, die Damen sahen eher aus wie„begossene Pudel“.
Zumindest standen wir endlich überdacht, aber leider immer noch nicht in der Ausstellung. Diese war mit den geladenen Gästen gefüllt, ich meine die mit der schriftlichen Einladung. Und man ließ nur noch vereinzelt weitere Gäste ein, im Wechsel zu denen, die gingen.
Kurz vor 20 Uhr machten wir uns dann enttäuscht auf den Heimweg. Wir waren nicht in der Ausstellung und auch Karl hat niemand von uns gesehen. Aber wir sind heile aus der Nummer wieder raus gekommen, wenn auch sicher viele am nächsten Tag diesen Abend erst noch verarbeiten mussten.
Verantwortung fürs Wohlbefinden der Gäste
Mit dem hohen Besucherandrang hatte das Folkwang-Museum gerechnet, so stand es sogar auf der Webseite des Hauses. Ich frage mich, warum das Museum so viele Menschen einlädt, wo es doch nicht in der Lage zu sein scheint, auch die Verantwortung für das Wohlbefinden seiner geladenen Gäste zu übernehmen.
Lieber Herr Direktor Bezzola, sicher war niemand von uns Gästen daran interessiert, zu Statisten in Ihrem Werbespektakel degradiert zu werden. Wer eine Einladung ausspricht, hat seinen Gästen mit Höflichkeit und Respekt zu begegnen. Aber wer nicht weiß, wie man mit Menschen umgeht, der weiß auch nicht, wie man mit Kunst umgeht!
Wir werden demnächst einen Bogen um das schlecht organisierte Folkwang Museum machen müssen, dem es scheinbar mehr um Publicity geht als um seine eigentlichen Aufgaben als Museum. Am gleichen Abend hatten wir eine Einladung zur Eröffnung von „Gerhard Richter“ in Düsseldorf. Das K20 ist ein guter Gastgeber, ach wär‘n wir doch in Düsseldorf geblieben.