Essen-Rüttenscheid.. Das Ruhrgebiet ist bei Touristen beliebt wie nie zuvor: Dieser Trend kommt bei Hoteliers in Rüttenscheid allerdings nur zögerlich an.
Das Ruhrgebiet wird bei Touristen immer beliebter: 3,5 Millionen Gäste kamen im vergangenen Jahr. Ein Trend, von dem auch Rüttenscheid als Hotel- und Gastronomiestandort profitiert? Spricht man mit ansässigen Hoteliers, so ist der Jubel eher gedämpft.
„Da ist noch viel Luft nach oben“, meint etwa Annette Leineweber, die 1994 das Hotel Girardet eröffnete. „Wir merken zwar, dass etwas mehr Touristen kommen. Insgesamt sind es aber vor allem Geschäftsreisende der hier ansässigen großen Konzerne und Messegäste, die bei uns übernachten“, sagt Leineweber. Einen weiteren Trend macht sie im Medizintourismus aus. So verzeichnet sie einen Zuwachs von Gästen aus wohlhabenden arabischen Golf-Staaten, die zur Behandlung im Krupp-Krankenhaus oder in der Uni-Klinik nach Essen kommen.
Betrachtet man die Übernachtungszahlen der Essen Marketing GmbH (EMG) für Essen insgesamt, so sind sie in diesem Jahr sogar leicht rückläufig. Im Mai etwa wurden mit 58 568 Übernachtungen 13,2 Prozent weniger gezählt als im Vorjahr. Dieter Groppe, der bei der EMG unter anderem für das Stadtteil-Marketing zuständig ist, relativiert das Minus: „Wir hatten im Vorjahr ein Plus von 20 Prozent. Insofern sind die Übernachtungszahlen in diesem Jahr noch immer auf einem hohen Niveau:“
Vergleichsweise schwaches Messejahr
Ein Grund für den leichten Rückgang ist das vergleichsweise schwache Messejahr. Besucherstarke Fachmessen wie die Deubau etwa finden nur alle zwei Jahre statt. Das spürt auch das vergleichsweise kleine Parkhotel an der Alfredstraße, das über 17 Zimmer verfügt. „Tendenziell ist dieses Jahr etwas schlechter, weil es kein gutes Messejahr ist“, sagt Betreiber Stephan Klose. Nur mit Touristen ließe sich das kaum überbrücken – noch nicht jedenfalls. Die Nachfrage nach Sehenswürdigkeiten in der Umgebung halte sich in Grenzen. „Wir haben zwar Flyer und Infomaterial ausliegen. Dass jemand bei uns übernachtet, um etwa das Museum Folkwang und die Zeche Zollverein zu besichtigen, ist aber eher die Ausnahme“, sagt Klose.
Auch Joachim Dietz, Interimsmanager im Hotel Arosa, spricht von einem „schwierigen Geschäft“, wenn es darum geht, Touristen nach Essen zu locken. Weniger als zehn Prozent der Gäste im Arosa, schätzt Dietz, seien aus touristischen Gründen in der Stadt. Daher sei es wichtig, selbst etwas daran zu ändern. „Wir kooperieren mit einem Reiseveranstalter aus den Niederlanden, um speziell die etwas schwächeren Wochenenden zu beleben“, sagt Dietz. Angesichts der guten Entwicklung seit dem Kulturhauptstadtjahr 2010 ist er optimistisch. „Aus der Grünen Hauptstadt lässt sich einiges machen, da kann Essen sein Image weiter verbessern“, hofft Dietz.
Vorbereitungen für Juristentag
Dass es etwas Eigeninitiative braucht, um Gäste in Rüttenscheid zu halten, davon ist auch Rolf Krane, Vorsitzender der hiesigen Interessengemeinschaft, überzeugt. Aktuell liefen etwa bereits erste Vorbereitungen, um für den deutschen Juristentag im nächsten Jahr spezielle Pakete für die hochkarätigen Gäste zu schnüren. Bei dem Kongress im September 2016 werden mehr als 2500 Juristen aus dem In- und Ausland in der Messe erwartet. Spezielle Kneipentouren und Kooperationen heimischer Gastronomen mit den Veranstaltern seien angedacht. Krane: „Das Kulturhauptstadtjahr war ein positiver Wendepunkt. Seither geht es langsam, aber kontinuierlich aufwärts, wenn es darum geht, das Angebot für Gäste zu verbessern.“