Essen. Nach dem heftigen Widerstand eines Randalierers in Essen-Frohnhausen mit vier verletzten Beamten fordert die GdP Essen eine bessere Ausstattung.

Ein 27-Jähriger randaliert in einer Wohnung an der Kerckhoffstraße in Frohnhausen. Seine Eltern wissen sich nicht mehr zu helfen und rufen die Polizei, die den aggressiven Mann überwältigen muss. Vier Beamte werden dabei verletzt, zwei davon so schwer, dass sie ihrem Dienst nicht mehr nachgehen können. Dieser jüngste Fall vom Wochenende ist nur einer von im Schnitt monatlich mindestens 34 Straftaten, die unter dem Stichwort „Gewalt gegen Vollzugsbeamte“ in die Statistiken der Essener Behörde eingehen. Den verletzten Polizisten geht es inzwischen besser. Was man von der Gemütslage Heiko Müllers wohl nicht sagen kann.

Nach 416 dieser Delikte allein im Vorjahr und angesichts einer „in diesem Jahr weiter steigenden Zahl von Übergriffen auf Kolleginnen und Kollegen“ übt der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei für Essen und Mülheim einmal mehr deutliche Kritik an seinem obersten Dienstherrn in Düsseldorf, der die sogenannten Taser für die Ordnungshüter des Landes erst einmal zu den Akten gelegt hat. Müller fordert aber hartnäckig mehr Schutz für die Beamten im Dienst in Gestalt von Elektroschockpistolen und ist fest davon überzeugt: „Hätten wir dieses zusätzliche Einsatzmittel zur Verfügung gehabt, wäre der Frohnhauser Fall glimpflicher ausgegangen.“

Schon der Anblick eines Elektroschockers wirke abschreckend

Ein Taser hätte den Randalierer vorübergehend außer Gefecht gesetzt, den Beamten wären die Verletzungen aller Wahrscheinlichkeit nach erspart geblieben, betont Müller. Außerdem wirke schon der Anblick eines Elektroschockers abschreckend, so dass der ein oder andere potenzielle Angreifer aufgebe. Dass die Einführung der Taser vor diesem Hintergrund und nach positiven Erfahrungen in anderen Bundesländern nicht oberste Priorität genieße – „das ist nicht nachvollziehbar“, so Heiko Müller. Das Thema sei auf unbestimmte Zeit verschoben worden, angeblich, weil dafür die Steuereinnahmen nicht reichen: „Aber das stimmt nicht.“

Die zunehmende Gewalt gegen Beamte entwickelt sich nach Erkenntnissen des Landeskriminalamtes meist aus ganz alltäglichen Einsätzen wie Verkehrskontrollen oder Ruhestörungen. Vor allem an Wochenenden, in den Abend- und Nachtstunden ist das Risiko groß. Die Angreifer sind meist männlich und zwischen 25 und 45 Jahren alt. Laut einer kriminologischen Studie haben etwa zwei von fünf Täter einen Migrationshintergrund. Ein erheblicher Teil ist durch Alkohol- oder Drogeneinfluss enthemmt, was auch eine Erklärung dafür sein mag, dass der neue Paragraf 114 des Strafgesetzbuches offenkundig noch keine durchschlagende abschreckende Wirkung zeigt. Drohten für „tätliche Angriffe auf Vollstreckungsbeamte“ früher Geldstrafen, sind es seit 2017 drei bis fünf Jahre Haft. Bis der Paragraf allerdings präventive Wirkung zeigt, dürfte es wohl noch dauern, glaubt man bei der GdP.

Kein Essener Sonderdezernat für Gewalt gegen Personen im öffentlichen Dienst

In einigen Städten NRWs haben die Staatsanwaltschaften bereits Sonderdezernate eingerichtet, um klarer Kante gegen Straftäter zu zeigen, die Gewalt gegen Personen im öffentlichen Dienst ausüben: Polizisten, Sanitäter, Feuerwehrleute, Schaffner, Gerichtsvollzieher oder Lehrer. Im September 2018 hob die Staatsanwaltschaft Düsseldorf eine solche Abteilung aus der Taufe. In vier Monaten liefen dort über 400 Verfahren auf. Auch wenn die GdP eine solche Organisation auch in Essen für sinnvoll hält – geplant ist nicht, sagte Oberstaatsanwältin Anette Milk, Sprecherin der Behörde an der Zweigertstraße, auf Anfrage.

Das ist wohl auch eine Frage der Fallzahlen: Zwar haben bei der Stadt Respektlosigkeiten, Bedrohungen und Beleidigungen gegenüber Mitarbeitern ebenso zugenommen. Doch die wenigsten Opfer erstatten Anzeige, heißt es im Rathaus, zumal körperliche Angriffe die Ausnahme seien.