Schauspielerin Anita Kupsch über die „Golden Girls“ im Essener Rathaus-Theater, das Tourneeleben mit 75 Jahren und die Kunst, Pointen zu setzen

Als resolute Rentnerin mit Herz und geblümtem Schlafrock steht sie derzeit auf der Bühne. Im wahren Leben erscheint Schauspielerin Anita Kupsch mit flottem Lockenkopf, Krawatten-Pulli und strahlendem Kupsch-Lachen auf tiefrot geschminkten Lippen zum Gespräch im Rathaus-Theater.

Das Mädchenhafte hat sie bis heute nicht verloren, auch wenn die 75-Jährige auf der Bühne nun eine herrlich grantige alte Schachtel spielt. Sophia, die komisch-strenge Lebenskommandeuse der „Golden Girls“. Die Vierer-Frauen-WG in Florida, die Ende der 1990er Jahre auch in deutschen Fernsehstuben Kult-Charakter hatte, schlägt in der Theaterfassung von Kristof Stößel bis Ende des Monats ihre Zelte im Rathaus-Theater auf. Da geht es zwei Stunden lang um Freundschaft, Männer, Sex im Alter und natürlich um Käsekuchen zu jeder Tages- und Nachtzeit.

Käsekuchen und Kerle

Anita Kupsch hat beim Angebot, in dieser Tourneeproduktion mitzuspielen, sofort darauf bestanden, die sizilianische Witwen-Autorität Sophia zu spielen, die dem Altersheim „Schattige Pinien“ entflieht, um Tochter Dorothy und ihren Mitbewohnerinnen Blanche und Rose fortan die Leviten zu lesen. „Die komisch-tragischen Rollen sind einfach die tollsten“, findet Kupsch, die auf der Bühne enorme Schlagfertigkeit beweist. Diesen knochentrockenen Humor, gepaart mit Lakonie und Berliner Mutterwitz, wird sie bald schon wieder auf die Bühne bringen dürfen. Ab September übernimmt sie in Stuttgart die weibliche Hauptrolle in der Theateradaption des Kinoklassikers „Harold and Maude“, dem Dauerbrenner der Essener Galerie Cinema seit 40 Jahren. Anita Kupsch wird vermutlich trotzdem nicht dazu kommen, sich diesen Kino-Evergreen mit Haferstrohtee vorher anzugucken. Auch mit 75 hat der Terminkalender immer noch keine Lücken.

„Ich muss mir das mit der Tournee wohl langsam mal abgewöhnen“, seufzt Kupsch mit theatralischer Geste. Die nächste Bühnen-Tour nach dem Essener Gastspiel wird lang: 980 Kilometer, jede Nacht in einem anderen Hotel. Als Konstante im Leben ist Ehemann Klaus dabei.

„Aber ich vermisse Berlin“, gesteht die Schauspielerin, die schon bei Schauspiel-Legenden wie O. E. Hasse und Theo Lingen in die Lehrer gegangen ist. „Ich hab damals im Gang gestanden und zugeguckt, wie die das machen. So konnte ich Pointen setzen“, erzählt die Tochter eines Schrotthändlers, der dem kessen Kind noch eine Diplomkosmetikerinnen-Ausbildung abtrotzte, bevor sie ihre große deutsche Schauspielerinnenkarriere startete, die von der „Praxis Bülowbogen“ bis zu „Unser Charly“ führte.

In einer Frauen-WG hat Kupsch noch niemals gelebt. Aber die Idee hält sie für ein echtes Zukunfts-Modell, ins Altersheim jedenfalls will sie „nie!“. Ihre Bühnen-Kolleginnen Viktoria Brams als mannstoller Südstaaten-Vamp Blanche, Gudrun Gabriel als toughe Dorothy und Kerstin Fernström als naiv-schrullige Rose würden vermutlich bedenkenlos mitziehen. Das Essener Premierenpublikum zeigte sich ebenfalls angetan von der Frauen-WG. Auch wenn sich durch den abrupten Szenen-Wechsel Charme und Witz der Serienvorlage nicht immer ganz so leicht entwickeln können wie zu einstigen Fernsehzeiten. Aber Käsekuchen geht immer.