Kupferdreh..


Wohnen, lernen, arbeiten und eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung – dies alles will das Franz Sales Haus seit mehr als 125 Jahren Menschen mit Behinderung ermöglichen. Ein weiterer Baustein im Angebot eines der ältesten und größten Träger im Bereich der Behindertenhilfe in NRW ist der neue Betrieb der Franz Sales Werkstätten GmbH in Kupferdreh. Auf dem Gelände des Traditionsunternehmens Colsman am Hinsbecker Löh 10 finden ab sofort geistig behinderte Beschäftigte Arbeit und so auch die Chance, wieder intensiver am Leben teilzuhaben.

Im Jahr 1900 erbaut

In den Räumen des historischen Gebäudes, im Jahr 1900 erbaut, standen einst die Webstühle des Textil- und Bekleidungsunternehmens. Ab sofort werden dort insgesamt 55 Menschen mit geistiger Behinderung von acht Mitarbeitern des Franz Sales Hauses angeleitet und betreut. Einer davon ist Betriebsleiter Thomas Graf – und der ist von seiner neuen Aufgabe, aber auch von seiner neuen Arbeitsstätte restlos begeistert: „Die Räume wurden komplett umgebaut und auf die Bedürfnisse unserer Schützlinge angepasst“, lobt Graf. Außen wurde die historische Backsteinfassade erhalten, innen gestaltet sich das Domizil – dank großer Oberlichter – hell und wirkt modern. „Das Haus gleicht nach dem Umbau eher einem Loft als einer Werkstatt“, sagt Graf. „Alle sind mehr als zufrieden.“

Der 42-jährige gelernte Industriemechaniker betritt mit seinem Posten Neuland: „In meinen nun 13 Jahren, die ich für das Franz Sales Haus tätig bin, habe ich alle Stufen durchlaufen. Gruppenleiter, Abteilungsleiter und nun Betriebsleiter.“ Seit dem 1. Juni dieses Jahres wurde Graf dazu berufen. Seine neue Wirkungsstätte, die am Dienstag auch offiziell eröffnet wurde, hat sich Thomas Graf natürlich schon ganz genau angeschaut. Immerhin ist sein Arbeitgeber längst nicht der einzige Mieter, der auf dem Colsmann-Gelände ein Zuhause gefunden hat. „Das geht hier Querbeet“, sagt Graf. Über der Werkstatt firmiert eine Vertriebsgesellschaft für Chemikalien. Auch eine Marketingfirma, die sich unter anderem mit Messebau beschäftigt, ist ansässig. Ebenso wie ein Dienstleister für Print- und Fotoarbeiten.

„Der Kontakt zu den anderen Mietern ist großartig“, sagt Graf. „Viele fangen morgens mit uns an und machen gemeinsam mit uns Mittagspause. Wir sind also mittendrin und nicht nur dabei.“ Als „geradezu vorbildlich“, so Graf weiter, gestalte sich die Zusammenarbeit mit dem Vermieter, der Gebrüder Colsman GmbH & Co. KG. Seit September dieses Jahres arbeiten in der Produktion des Essener Unternehmens zehn geistig behinderte Beschäftigte an betriebsintegrierten Arbeitsplätzen, die von einem Gruppenleiter betreut werden. Sie alle sind dort mit der Fertigung von Sicherheitsgurten betraut.

Die Beschäftigten des neuen Zweigbetriebs in Kupferdreh arbeiten in der Konfektionierung und leisten kleinere Montagearbeiten – auch für Discounter. „In deren Prospekten kann ich unseren Schützlingen zeigen, dass ihre Produkte auch wirklich verkauft werden“, sagt Graf. „Das ist für alle eine ganz besondere Motivation.“

Weiterer Standort gesucht


Ursprünglich war im neuen Standort Kupferdreh auf dem Colsman-Gelände eine Werkstatt für psychisch kranke Menschen geplant. Doch nach reiflicher Überlegung entschied sich der Kostenträger, der Landschaftsverband Rheinland, dagegen und befand das ehemalige Fabrikgebäude schließlich aber besser geeignet für Menschen mit geistiger Behinderung.

Betriebsleiter Thomas Graf dazu: „Das Gebäude am Hinsbecker Löh ist schmal, aber sehr lang. Das heißt, die Wege zu den einzelnen Schützlingen sind für die Betreuer mitunter sehr weit.“ Für die Beaufsichtigung der psychisch Kranken, die ihre Erkrankung nicht immer akzeptieren, ist dieser Umstand nicht optimal, denn manchmal müsse man schnell eingreifen beziehungsweise muss das Betreuungspersonal seine Schützlinge stets im Auge haben. „Die Betreuung der geistig Behinderten ist hingegen unproblematischer, da diese mit ihrer Behinderung aufgewachsen sind und als völlig normal empfinden“, weiß Graf aus Erfahrung. Daher geht die Suche nach einem geeigneten Ort für einen weiteren neuen Zweigbetrieb der Franz Sales Werkstätten im Essener Südosten weiter.

Generell stehen im Franz Sales Haus Menschen mit geistigen Behinderungen im Mittelpunkt – daran hat sich seit Beginn der Arbeit vor nunmehr 125 Jahren nichts geändert. Die Einrichtung ist einer der ältesten und größten Träger im Bereich der Behindertenhilfe in NRW. Insgesamt 1.800 Menschen mit Behinderungen leben, lernen, arbeiten und verbringen ihre Freizeit in über 20 Standorten im Stadtgebiet. Die rund 1.000 Mitarbeiter des Franz Sales Hauses helfen behinderten Menschen, ein möglichst selbstständiges und selbstbestimmtes Leben zu führen.