An Rhein und Ruhr.. Die effiziente Art, Hindernisse zu überwinden, will gelernt sein. Ein Essener Sportlehrer erklärt, wie er den Trendsport Parkour unterrichtet.


Mal eben an der Wand entlang laufen? Für Paul und Tim ist das ein Leichtes. Die Essener Gymnasiasten haben es drauf. Leichtfüßig nimmt Paul Anlauf, tippt nur leicht mit den Fingerspitzen auf den Sprungkasten, gleichzeitig fliegt er in die Waagerechte und setzt die Füße auf die Mauer. Sein Schulkollege Tim praktiziert das schnelle Trippeln an der Wand auch ohne Kasten. „Tic-Tac“ nennt sich diese Figur aus dem Parkour-Sport.

„Parkour bedeutet, möglichst effizient von Punkt A nach Punkt B zu kommen“, erklärt Manuel Kindla, der Sportlehrer der Parkourläufer. „Das bedeutet, Hindernisse zu überwinden, also Stufen, Geländer, Mauern, alles, was in einer Stadt so vorkommt.“

Ende der 1980er Jahre in Frankreich Trendsport

Im Unterricht werden die Bewegungsabläufe an den Turngeräten trainiert.
Im Unterricht werden die Bewegungsabläufe an den Turngeräten trainiert. © Unbekannt | FUNKE Foto Services

Ende der 1980er Jahre sei diese Form der Fortbewegung zuerst in Frankreich aufgekommen. „Ein junger Mann namens David Belle setzte eine militärische Trainingsmethode seines Vaters fort und hat damit dann eine ganz neue Trendsportart begründet“, sagt Kindla. Was Kinder noch spielerisch als Verfolgungsjagd über Tischtennisplatten, Treppen und kleine Bachläufe praktizierten, wurde in der urbanen Beton- und Stahl-Architektur des Pariser Vororts Lisses die neue Fortbewegungsart der Jugendlichen.




Wobei die Hindernisse immer kniffeliger wurden: Baugerüste, hohe Mauern – später auch Gebäudefassaden. Kindla: „Belle entwickelte Sprünge und Techniken, die das Überwinden gefahrloser machen.“

Gefährlich ist der Sport dennoch weiterhin. Wer nicht korrekt abrolle oder Entfernungen nicht genau abschätze, könne sich durchaus böse verletzen, sagt Kindla. Ein Grund mehr, als Traceur, sprich „Linienzieher“, das Ganze von Anfang an professionell zu lernen. Kurse für Kinder und Jugendliche, aber auch Übungen für Menschen im gesetzteren Alter gibt es inzwischen an vielen Sportstätten in der Region.

Der gezielte Sprung auf der Linie

Tim macht den Katzensprung.
Tim macht den Katzensprung. © Unbekannt | FUNKE Foto Services

Einzug gehalten hat Parkour neben dem Klettern/Boldern ebenfalls in den Schulunterricht. Manuel Kindla, der in seiner Freizeit selbst ab und zu Parkour läuft, außerdem auf dem BMX-Rad unterwegs ist und gerne Skateboard fährt, hat es an das Grashof-Gymnasium in Essen gebracht. Mit den Schülern aus der 10. Jahrgangsstufe trainiert er die verschiedenen Bewegungsabläufe.




„Wir legen natürlich nicht gleich los. Zuerst mal geht es darum, Bewegungsabläufe richtig zu koordinieren.“ Der gezielte Sprung auf eine Linie (später in der Stadt dann eine Bordsteinkante) oder das Abrollen über die Schulter sowie der Sprung aus der Hocke aus verschiedenen Höhen bereiten auf den Parkour vor. „Ich fand das Training sehr gut, das macht Spaß und die Turngeräte sieht man dann mit ganz anderen Augen“, findet die 16-jährige Friederike, die wie Paul und Tim auch außerhalb der Schule Sport treibt.

Jeder Traceur muss seine Kraft einschätzen können

Ob Vierpunktlandung oder Durchbruch (zwischen zwei Hindernissen gestreckt hindurchschlüpfen), ob Wendung oder halbe Drehung – das ruhige Abwägen vor der Ausführung sei wichtig, so Kindla. „Jeder Traceur muss seinen Körper gut genug kennen, um die Kraft einschätzen zu können, die er für die Überwindung des Hindernisses benötigt“, erläutert der 36-Jährige.

Was sich im Unterrichtsverlauf gut zeige: Von Stunde zu Stunde würden die Schüler mehr wagen. Das findet auch Paul. „Ich traue mir inzwischen schon zu, die Übungen auch draußen zu machen.“ Tim nickt. „So schwer ist das gar nicht!“

>>>TRAINING FÜR AKROBATEN JEDEN ALTERS


  • Eine beliebte Parkour-Anlage in Essen befindet sich auf Zollverein. Das rund 600 m² große Gelände befindet sich im Areal C (Kokerei), Kokereiallee 71, und ist öffentlich zugänglich. Die Anlage ist abends bis 22 Uhr beleuchtet.


  • Geboten wird eine Kombinationen aus Würfeln, Stangen und Wandflächen; sie ist geeignet für Hindernisläufer aller Niveaus.


  • Auch 2019 werden auf der Parkour-Anlage Kurse für verschiedene Altersgruppen angeboten: Kinder von 8 bis 14 Jahren, Mädchen, Jugendliche und Erwachsene ab 40 Jahren, Außerdem gibt es spezielle Themen-Trainings.


  • Eine Anmeldung ist erforderlich. Weitere Infos sind zu finden auf www.zollverein.de/parkour und www.facebook.de/Parkour.