Es soll ja Männer in seinem Alter geben, die genießen den Ruhestand, die verreisen in ferne Länder oder gehen lieber mit ihren Enkeln spazieren als ins Büro. „Ich gehe gerne arbeiten“, sagt Klaus Kunze (69). Bei einem Jahresgehalt von 186 00 0 Euro pus Pension dürfte die Freude umso größer sein. Zum Arbeiten hat der städtische Geschäftsführer der Entsorgungsbetriebe Essen (EBE), der von sich selbst sagt, er sei topfit, jedenfalls weiter Gelegenheit. Gestern verlängerte Oberbürgermeister Reinhard Paß, der auch Aufsichtsratsvorsitzender der EBE ist, seinen Vertrag vorzeitig um zwei weitere Jahre. Trotz Kunzes Alter, das man fortgeschritten nennen darf. Welche Folgen die Entscheidung für das Verhältnis zwischen dem Mehrheitsgesellschafter Stadt Essen und dem privaten Minderheitsgesellschafter Remondis hat, bleibt abzuwarten.

Teilnehmer der gestrigen Aufsichtsratssitzung empfanden die Atmosphäre als kühl oder gar gereizt. Zur Erinnerung: Schon im ersten Anlauf Mitte Januar gab es im Aufsichtsrat eine Mehrheit von 10 : 8 Stimmen für eine Verlängerung. OB Paß, die Vertreter von SPD und Arbeitnehmerseite stimmten dafür, CDU, Grüne und die Vertreter von Remondis dagegen. Erst nach der Abstimmung verwiesen die Remondis-Leute auf den Gesellschaftervertrag, wonach ein Beschluss zur Änderung des Anstellungsverhältnisses nicht gegen den privaten Mitgesellschafter gefasst werden dürfe. Aus Sicht der Stadt ein Affront, war es doch bislang Usus, dass sich eine Seite bei Personalentscheidungen der jeweils anderen heraushält.

Gestern verzichtete Paß darauf, noch einmal abstimmen zu lassen. Stattdessen, so berichten Teilnehmer, verwies der OB auf die Rechtsauffassung der Stadt. Kunzes Anstellungsverhältnis werde ja nicht geändert, sondern fortgeführt. Folglich sei das Votum des Aufsichtsrates vom Januar gültig.

Den Versuch von Remondis, die Personalie mit der Frage der Geschäftsverteilung zu verhandeln, blockte der OB ab. Dem Vernehmen nach will der private Minderheitsgesellschafter auch bei Auftragsvergaben und Personalentscheidungen ein Wörtchen mitreden. Nicht nur die Arbeitnehmerseite reagiert darauf allergisch. „Die fahren uns die Wagen vom Hof“, warnt Verdi-Geschäftsführer Lothar Grüll. Auch die politischen Vertreter im Aufsichtsrat haben kein Interesse daran, die Position der Stadt zu schwächen. Das gilt auch für CDU und Grüne.

Ob Remondis nun einen Co-Geschäftsführer einsetzt, bleibt offen. Den Personalvorschlag des Entsorgers hatten die städtischen Aufsichtsratsmitglieder im Januar mitgetragen, als „Zeichen des guten Willens“. Remondis wollte auf Anfrage keine Stellung nehmen. OB Paß wirkte dagegen aufgeräumt und sehr zufrieden mit sich selbst.