6000 Euro hat der Lions Club Essen-Werethina an die Notschlafstelle Raum 58 gespendet. Doch die drei Lions-Herren sind am Freitag nicht in die kargen Räume an der Kastanienallee 58 im Nordviertel gekommen, um die Spende zu überbringen; sie wollen etwas über die Jugendlichen erfahren, die hier übernachten, über ihre Schicksale. Sie wollen das Projekt in Trägerschaft des Sozialdienstes katholischer Frauen (SkF) und des CVJM Essen Sozialwerk verstehen. Welches Ziel es hat, und „ob es eine Erfolgsbilanz gibt“.
Es gibt Zahlen: Etwa 160 Jugendliche in Essen haben ihren Lebensmittelpunkt auf der Straße. Für sie hält der Raum 58 sechs Betten bereit, die im Jahresschnitt zu 93 Prozent belegt sind. Ab und an werden die beiden Klappbetten gebraucht. Übernachten dürfen hier Kinder und Jugendliche bis zum 21. Lebensjahr. Sie können duschen, Kleidung waschen, bekommen Frühstück und Abendessen. Gekocht wird gemeinsam, die Jugendlichen machen die Betten. „Wir sind ja kein Hotel“, sagt Rebecca Weber, die mit Leiterin Manuela Grötschel hauptamtlich hier arbeitet. Unterstützt werden sie von Teilzeitkräften, denn jede Nacht sind zwei Betreuer im Haus. Schon für den Fall, dass die Teenager außer Kummer und Erschöpfung zu viel Wut mitbringen und die Lage eskalieren sollte.
Das Angebot ist personalintensiv, darum war das Haus bisher von Samstag auf Sonntag geschlossen: Ab 1. Oktober ändert sich das, dann öffnet der Raum 58 jede Nacht. Diesen Erfolg darf sich auch der Lions Club zurechnen, der versprochen hat, sich weiter für das Haus zu engagieren. Getreu dem Motto, in Essen zu helfen.
Im Jahr 2012 haben 219 Jugendliche in der Notschlafstelle übernachtet; trauriger Rekord. Es sind junge Menschen, die man mit den klassischen Angeboten der Jugendhilfe nicht erreicht – meist haben sie schon jede Art von Heim oder Betreuung hinter sich. Sie sind so oft enttäuscht worden (haben enttäuscht), dass sie sich auf Verbindliches und feste Strukturen nicht einlassen. Der Raum 58 hat eine Hausordnung, aber keine weiteren Forderungen an sie: Sie dürfen kommen wie sie sind mit Suchtproblem oder Vorstrafe. Selten lasse sich einer der Teenager auf ein Anschlussangebot mit Schule oder Ausbildung ein.
Aber wie nebenbei entstehen Bindungen: „Und dann muss man aushalten können, dass die Jugendlichen austesten, ob diese Beziehung hält“, so Rebecca Weber. Erfolg ist hier, wenn Vertrauen entsteht: Wenn ein Kind nach einem Streit am nächsten Abend wieder vor der Tür steht. Wenn die 14-Jährige Ausreißerin Jahre später zu Besuch kommt, mit ihrem Baby.